Bremsentest

von Stefan Kremer

Die ersten Modelle der 97er Transalps stehen seit einigen Tagen in den Schaufenstern der Händler. Grund genug, die wesentlichste Neuerung - die Doppelscheibe vorn - mal auf Herz und Nieren zu prüfen. Leider sind wir nicht TÜV oder Dekra, verfügen also nicht über entsprechendes Technisches Equipment um Aussagen zu Bremsweg, Verzögerungszeiten, Bremskräfte etc. mit objektiven Zahlen belegen zu können. Aber für einen ersten Eindruck reicht's allemal.

Als Referenzmodelle standen uns zwei 95er Alps zur Verfügung. Einmal mit Withe Power Gabelfedern und WP-Gabelöl SAE 10 und einmal mit Spiegler Stahlflex Bremsleitung (zusätzlich Schrumpfschlauch ummantelt) ausgerüstet. Die Tester Bettina, Florian und Stefan bringen zusammengenommen etwas mehr als 120.000 km Transalp-Erfahrung mit.

Die Testmaschinen von links nach rechts:
  • Florians 95er mit Stahlflex-Leitung
  • die neue 97er mit der Doppelscheibe
  • Stefans 95er mit der WP-Gabel

Getestet wurde auf einer kleinen Landstraße, dort wo die Alp ihr bevorzugtes Einsatzgebiet hat. Die Wetterbedingungen waren alles andere als optimal - regennasse Straße, etwa 6 Grad kalt, aber einigermaßen windstill. Die Maschinen wurden reihum von allen gefahren. Erst ein kurzes Bergabstück in mäßigem Tempo und kurzen Bremseinlagen, um ein Gefühl für die Maschine zu bekommen und anschließend bergauf wo nach kurzem Einbremsen (um einen Bremsdruck aufzubauen) aus 80 km/h nur mit der Vorradbremse bis zum Blockieren, bzw. bis zum Stillstand runtergebremst wurde.

Die Einzelwertung

Die Stahlflexleitung bringt einen spürbar besseren Druckpunkt. Sowohl bei der 95er mit WP-Gabel als auch bei der 97er geht der Bremshebel weite Wege, um das Kommando "Stop" nach unten an die Scheibe durchzufunken. Mit Stahlflex reagiert die Bremse sofort. Auch wenn daraus keine objektive Verbesserung bei der Bremswirkung gegenüber der Serienbremse für uns ersichtlich wurde - subjektiv vermittelt die Stahlflex-Bremse ein sichereres Gefühl. Diese Bremse ist einfach präsent.

Was sich bei der WP-Gabel unter vollem Einsatz angenehm bemerkbar machte, war das geringere Eintauchen. Bei der abschließenden Fotofahrt war kein gescheites Bild hinzu bekommen, weil selbst auf die geringe Entfernung einfach nicht sichtbar wurde, wann der Pilot in die Eisen stieg. Trotz des stabileren Vorderbaus, bleiben im Grenzbereich aber immer noch heftige Flatterbewegungen des Vorderrades übrig. Die werden nicht nur im Lenker deutlich spürbar, sie sind für außenstehende sogar gut zu sehen! Da hilft beim Blockieren nur eins: Bremse öffnen, stabilisieren lassen und nachfassen, will man nicht einen Sturz riskieren. Unter Umständen entscheidende Meter die dabei verloren gehen.

Ganz anders die neue 97er: Wie gehabt auf 80 km/h hoch beschleunigen. Den Bremspunkt anvisieren und reingelangt. Das Vorderrad blockiert, aber die Maschine zieht schnurgerade ihre Bahn weiter und steht um Längen früher als die 95er Konkurrenz. Die Dosierbarkeit hat dabei trotz der Verdopplung der Scheiben nicht gelitten. Immerhin verkleinerte der Durchmesser von 296 mm auf 256 mm. Nach wie vor macht sich allerdings das starke Eintauchen bemerkbar - die Gabel ist von ihrer Abstimmung her unverkennbar die Alte geblieben. Wer nicht wie ein Rodeoreiter bei einer Vollbremsung rumturnen will, wird weiterhin ins Regal der Nachrüster Wilbers (WP) oder Wirth greifen müssen.

Schade nur, das sich die 97er Doppelscheibenbremse nicht so ohne weiteres in den alten Modellen nachrüsten lässt. Im Prinzip muss der komplette Vorderbau - Rad, Gabel, ein paar Kleinteile getauscht werden. Kein ganz billiges Vergnügen muss doch auf Originalteile zurückgegriffen werden. Der Second-Hand Markt dürfte jedenfalls auf absehbare Zeit kein Angebot bereit halten.

Die Empfehlung für Perfektionisten: 97er Modell kaufen, für total ca. 350 DM WP-Gabelfedern und -öl (ca. 200 DM) sowie die Stahlflexleitung (ca. 150 DM) nachrüsten und Stoppies üben. In der Kombination sollte sogar die fette Alp den Hintern in die Luft bekommen. Der Trost für alle, die weiterhin in ihre alten Stopper greifen (müssen): Wer bremst verliert ...