Ostern in Franken

Ostern - eigentlich nichts besonderes. Eier suchen, sich an den Unmengen von Schokolade den Magen verderben und ....essen ... essen ... essen. Aber halt, da war doch noch was. Genau, die 10-03er Saison ist beendet und Frau Antje und ich habe eine Einladung ins Fränkische - nein, nicht zum Essen, obwohl man das dort auch sehr gut kann. Biken ist angesagt. Die fränkischen Transalper haben sich einiges einfallen lassen, um den Spaß am gemeinsamen Hobby Motorrad stilvoll auszuleben.

Also packen wir die Bikes auf den Hänger, verschicken die Kids in den Osterurlaub und starten in Richtung Fränkische Schweiz. Die Wettervorhersage scheint sich gegen uns verschworen zu haben - Schnee und Regen soll's geben. Doch Petrus muß Transalp fahren. Je näher wir unserem Ziel kommen, desto sonniger wird es. Nach knapp drei Stunden lassen wir bereits Forchheim hinter uns und bewegen uns langsam auf Ebermannstadt zu. Von hier aus sind es lediglich noch 5 km bis zur Jugendherberge in Streitberg. Während aber die gesamte Anfahrt über die Autobahn von Karlsruhe problemlos verlief, landen wir nun im dicksten vorösterlichen Stau. Doch nach einer halben Stunde haben wir auch das geschafft und fahren, immer noch gut gelaunt, an der Jugendherberge vor. Die gute Ausschilderung durch die fränkischen Transalper verhindern eine längere Suchfahrt. Kurzes Hallo - "Ihr Weicheier ... kommt mit Hänger!!!" - und die Bude kann bezogen werden. Die Jugendherberge macht einen sehr guten Eindruck und liegt ruhig abseits der stark befahrenen Bundesstraße.

Nach und nach trudeln immer mehr Biker ein - noch ne Transalp und noch ne Transalp - doch kaum eine gleicht der anderen. Transalper sind halt kreative und aktive Menschen - es lebe der Umbau. So gibt es beim abendlichen Palaver nach einem reichlichen Abendessen - Karfreitag - Bayern - Fleisch??? - unheimlich viel zu bequatschen und zu erzählen. In einem separaten Nebenraum der Jugendherberge bei Bier, Wein und sonstigem Getränk halten es die meisten bis weit nach 24 Uhr aus.

Samstag morgen, acht Uhr Frühstück. Ich bin noch nicht ganz wach, erkenne aber bereits, daß die Wettervorhersage nicht Recht behalten sollte. Sonne ist angesagt, auch wenn sie sich nur langsam vorarbeitet. Kaffee und ein gutes Frühstück schaffen es zwar nicht, meine Lebensgeister völlig wiederherzustellen, aber zumindest bin ich jetzt für eingehende Informationen aufnahmefähig. Die Franken geben eine kurze Toureneinweisung, dann werden die Roadbooks verteilt und die Gruppen zusammengestellt. Off- und Onroad sind geboten, in der Fränkischen Schweiz sicher nicht zu verachten. Ich entscheide mich für die Offroadvariante. Punkt neun sitzen wir auf den Böcken und starten zunächst über die Autobahn an Bamberg vorbei bis Breitengüßbach. Die etwas großzügig bemessene Strecke muß geringfügig gekürzt werden, um den Zeitplan einzuhalten, denn um 12 Uhr ist "Essen" angesagt - unser Tribut an Ostern. Mein betagter Eintopf versucht bei dieser Vollgasetappe tapfer mit der Transalp-Armada mitzuhalten, aber am Ende plagen ihn doch einige altersbedingte Zipperlein - nichts, was eine kurze Offroadeinlage nicht wieder richten könnte.

Von Carlo angeführt und von Stefan beaufsichtigt geht's nun gemäß Roadbook Doch bereits nach den ersten 100 Offroadmetern fühlen wir uns wie die heiligen drei Könige. Nein, wir sind mehr als drei und es ist Ostern, aber vor uns geht ein Stern auf. Selbiger gehört zu einer bekannten schwäbischen Automarke und steuert genau auf uns zu. Wir werden gestoppt und der dem Gefährt entspringende Eingeborene, der sich als Jagdpächter zu erkennen gibt, erklärt uns laut und heftig gestikulierend in John Wayne Manier, daß er hier das Gesetz sei. Motorradfahrer im Allgemeinen und solche, die "Seine" Wege benutzen im Besonderen fänden keinesfalls sein "Wohlwollen". Sachliche Argumente helfen hier nicht weiter. Also, reden lassen und nach einigen sinnlosen Belehrungen weiter - wir sind halt in Deutschland. Die Nächste links, beim Kreuz dann rechts und ... schon stimmen Strecke und Roadbook nicht mehr überein. Sogar unser Einheimischer - Stefan - muß kapitulieren. Also Karte raus, kurz diskutiert und - abgekürzt; das Essen wartet. So trudelt unsere Gruppe nach einigen Offroadeinlagen und Abkürzungen fast pünktlich bei Treffpunkt Waldgaststätte ein.

Das Essen kommt gerade recht und bildet eine gute Basis für die geplante große Offroadtour am Nachmittag. Alternativ bieten die Franken eine Stadtbesichtigung in Bamberg und natürlich eine ausgiebige Tour durch die Fränkische Schweiz auf befestigten Wegen an. Beim Mittagessen konnte Carlo Nils überzeugen, daß auch mit Staßenbereifung ein zügiges Fortkommen im Gelände möglich ist. Da Nils nicht gern hinten fährt - Insider wissen warum :-))- führt er die Gruppe an. Auf geht's. Anfänglich ist Nils noch mit der Problematik des Fahrens nach Roadbook derart beschäftigt, daß wir ein zügiges aber angenehmes Tempo vorlegen. Nach einer kurzen Anfahrt über Asphalt biegen wir in die ersten Feldwege ein und verlieren uns immer mehr im Netz der fränkischen Offroadstrecken. Das Tempo steigt, Nils wird sicherer.

Während ihm der Rest der Gruppe mit viel Mühe folgt, wechselt er vorne mit einer Hand am Lenker erst mal die Karte im Tankrucksack. Doch nicht genug der Demütigungen. Bereits nahe am Limit des eigenen Fahrkönnens zeigen Peer, der alte Schwede und Christian, wie schön man im "Sandkasten" spielen kann. Wir sehen noch eine kurze Staubwolke - das war's. Egal - auch wir haben unseren Spaß. Die ausgesuchten Strecken sind vom feinsten, das Wetter spitze und Bettina, die sich unserer Gruppe angeschlossen hat, verhindert allzu große Irrfahrten.

Zu unserem Glück sind die "Fango-Allee" und andere Schlammlöcher durch die Kraft der Sonne bereits wieder in einem "fahrfähigen" Zustand. Nur eine kleine Waldstrecke bietet noch die Möglichkeit eines Vollbades. Der eine oder andere verweigert hier, vor allem diejenigen mit Straßenbereifeung sind eindeutig im Nachteil. Also, Augen zu und durch. Geschafft - doch die Maschine ist unter der Schlammpackung nur noch schwer zu erkennen. Doch diese verliert sich sehr schnell auf der nun folgenden Asphaltstrecken. Pech ist nur, daß der Asphalt genau in einer Wohnsiedlung beginnt, in der kurz zuvor die Einheimischen das Ritual des Osterputzes vollzogen hatten. Motorradfahrer werden in der Beliebtheitsskala dieser Leute in Zukunft sicher keinen hohen Stellenwert haben

Am Ende des Tages geraten wir schon wieder unter Termindruck - klar, das "Essen" wartet. Nils hat sich einen Nagel im Hinterrad eingefangen und Carlo darf so schon mal für seinen Libyenurlaub üben - nach den aktuellen News aus Afrika konnte er seine Erfahrungen dort bereits umsetzen. Wieder einmal zeigt sich die tolle Organisation der Franken. Ein kurzen Anruf mit dem Handy und der Notdienst "Luigi" ist mit neuem Schlauch und Werkzeug zur Stelle. So schaffen wir es mit nur einer Stunde Verspätung zum "Essen". Fränkische Spezialitäten sind angesagt - Schäuferla, Knöchla und andere Schweinereien. Genau das Richtige nach den Anstrengungen des Tages. Im Gasthaus in Friesen treffen sich alle Gruppen wieder und das Echo ist einstimmig und positiv. Jeder schwärmt von der Fränkischen Schweiz, den tollen Strecken und auch die Führung in Bamberg findet Beifall.

Auch das gute und sehr günstige Essen hebt die Laune. Als ob das Tagesprogramm nicht ausgereicht hätte bieten die Franken für alle Alper, die noch nicht genug Benzin in der Nase haben, einen Ausflug zur Cartbahn in Forchheim an. Nein - ich bin Biker und bleibe lieber bei zwei Rädern. So macht sich die Hälfte im Konvoi auf nach Forchheim und ich schließe mich dem Rest an, der zurück zur Jugendherberge fährt.

Nach Stunden kehren auch die "Rennfahrer" langsam wieder zurück und wie befürchtet hat Luigi mal wieder gezeigt, daß er auch auf vier Rädern durchaus Siegerqualitäten hat. Nun ja, eigentlich läßt der höfliche Gastgeber die Gäste gewinnen, doch der Stimmung der Heimkehrenden nach zu urteilen war es dennoch eine Mordsgaudi. Der Abende wird ruhiger und das Wetter langsam schlechter.

Sonntag morgen - Ostersonntag. Augen auf, scheiße, 7 Uhr. Langsam schleppe ich mich in Richtung Wasserquelle und erkenne durch meine beiden Sehschlitze ein häßliches Bild an der Wand hängen. Kurze Zeit später wird mir bewußt, das ist kein Bild sondern das Fenster und die Häßlichkeit ist Realität. Der liebe Gott muß Petrus seine Transalp weggenommen haben und dieser weint nun bitterlich. Was soll's, erst mal zu Frühstück schleppen. Als ich in den Eingangsbereich komme haben sich bereits einige Frühaufsteher versammelt. Der Eingang zum Speisesaal ist aber unüblicherweise geschlossen und jedweder Eindringversuch wird umgehend vereitelt. Warten - Warten - Warten. Die Zeiger der Uhr schieben sich langsam auf 8 Uhr zu und mein Magen signalisiert vollkommene Leere. Fünf nach acht - endlich Einlaß. Der Horde einströmender Transalper bietet sich ein tolles Bild. Mit viel Liebe dekoriert ziert ein waschechtes Osternest jedes Frühstücksgedeck. Als kleines Geschenk ist für jeden ein "Zippo" mit Transalpemblem beigelegt und sofort fängt die Zündelei an - Transalper sind halt sehr verspielt. Doch was wäre Ostern ohne Osterei und Schokolade.

Und so präsentieren Andreas und Marco stolz das größte Überraschungsei, das ich je gesehen habe. Auch die umherstehenden Kinder zeigen jetzt reges Interesse an unserer kleinen Osterüberraschung. Da Biker gerne geben geht keines leer aus und schon kurze Zeit später rennen die Kleinen mit ihren "Beutestücken" aufgeregt durch die Gänge.

Trotz der tollen Osterüberraschung ist allen aufgefallen, daß sich draußen eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit durchgesetzt hat. Doch der geplante Transalpkonvoi zur Kathi soll keinesfalls ins Wasser fallen. Schließlich gibt es kein schlechtes Bikerwetter sondern nur unpassende Kleidung. Also rein ins Kondom und die Maschine startklar gemacht. Punkt 11 dröhnen die Motoren von ca. 60 Transalps, ein paar Eintöpfen und der Vereinigung aller Nachteile von Auto und Motorrad - dem Gespann von Lars und Kerstin. Kerstin in ihrem Aquarium ist wohl die Einzige, die heute trocken bleibt.

Langsam setzt sich der Troß in Bewegung. Luigi führt den Konvoi an und Fox bildet als geistiger beistand den Abschluß. Ohne Zwischenfälle erreichen wir dank tadellos funktionierender Absperrungen den Bikertreff bei der Kathi. Klar, bei diesem Wetter sind wir die Einzigen hier oben. Lediglich ein Werbetruck der Firma Triumph - nein, nicht die mit den Nylons sondern die mit den Nobelbikes - mit einigen Ausstellungsstücken stört die Ruhe. Doch die englischen Werbestrategen müssen sich der Übermacht japanischer Präzisionstechnik geschlagen geben und streichen erst mal alle Flaggen. Wir stürmen erst mal das Lokal und lassen die Mägen arbeiten.

Für den Nachmittag ist nichts geplant sondern Eigeninitiative gefragt. So findet sich schnell eine kleine Gruppe wetterfester Biker zusammen, die unter Luigi's Führung die Schönheiten der fränkischen Schweiz unter die Räder nehmen wollen. Mal links, mal rechts, mal hoch zur Burg dann wieder eine Serpentinenstrecke hinunter - langweilig wird es hier nie. Dann kehrt Luigi in einer kleinen Kneipe direkt an der Straße ein. Der Wirt, eindeutig kein Einheimischer, wie sein Plattdeutsch verrät, kann seine Neigung zu militärischen Umgangsformen nur schwerlich leugnen und kommandiert uns zielsicher an einen freien Tisch. Die übrigen Gäste müssen gehen :-)). Der frisch aufgegossene Tee bringt die unterkühlten Lebensgeister schnell wieder in Hochform. Wieder im modischen Ganzkörperkondom beschließen wir die Rückkehr zur Jugendherberge um uns auf das gemeinsame Abendessen im Hotel in Streitberg vorzubereiten.

Das Essen ist für 18 Uhr bestellt uns so machen wir uns gegen halb auf den kurzen Weg von der Jugendherberge zum Hotel. Die Franken haben eigens für die 100m einen Fahrdienst eingerichtet - sind wir wirklich schon soooo alt. Im Hotel duftet es schon appetitanregend. Mein leerer Magen äußert schon lautstark seine Vorfreude, doch sollte er noch auf eine harte Geduldsprobe gestellt werden. Die Bedienung ist mit der Masse hungriger Gäste schlichtweg überfordert und so warten einige über zwei Stunden auf ihr Essen. Andere kapitulieren und streichen das Thema Essen für diesen Abend. Die ganze Sache wird auch den Franken langsam unangenehm. In einer eilig durchgeführten Stammtischbesprechung entschließt man sich, jedem Teilnehmer 5,- DM aus der Stammtischkasse zu ersetzen. Eine tolle Geste der Franken, zumal sie an der Situation keinerlei Schuld trifft. Doch letztendlich wird die Geduld durch ein hervorragendes Essen zu einem günstigen Preis belohnt.

Carlo hat bereits seine Diaprojektoren aufgebaut - Marokko ist das Thema des Tages. Die eindrucksvollen Bilder endloser Weiten und sagenhafter Landschaften lassen viele ins Träumen geraten. Die Ersten beginnen bereits mit der Planung. Wer hat nen Anhänger - kann man den auch mieten - wann fahren wir denn. An diesem Abend bleibt Marokko das bestimmende Thema und Carlo und Luigi werden von allen Seiten mit Fragen bombardiert. Ruhig klingt so der letzte gemeinsame Abend aus.

Ostermontag - Abreisetag. Packen, Verabschieden, Händeschütteln und, und, und ... . Ein tolles Ostern geht zu Ende und auch Petrus scheint seine Alp wieder zu haben. Unsere Bikes sind bereits verladen und warten auf die Abfahrt. Frau Antje macht noch schnell ein paar Bilderchen - schließlich müssen wir den Kids was zeihen, wenn wir wieder zu hause sind - und ab geht's auf die Piste. Während wir bei strahlendem Sonnenschein in Richtung Heilbronn fahren meldet der Verkehrsfunk: "Vorsicht. Autofahrer im Schwarzwald - wegen heftiger Schneefälle ist Winterausrüstung erforderlich." Ich lehne mich bequem zurück, schließe meine Augen und bin schon wieder in er fränkischen Schweiz.