Ich und die anderen 5000 Verrückten...

...oder ein Bericht vom 43. Elefantentreffen '99

von Rainer "Fox"

Ist es wirklich nur dieser lächerliche Aufnäher für meine Kutte und dieser dämliche Jahresaufkleber für meinen Koffer der mich dort hin treibt oder ist es vielleicht eine Mission des Herrn die ich noch nicht durchblickt habe?

Egal, ob im Auftrag des Herrn oder nicht. Es ist Samstag 10.00 Uhr (MEZ). Die bepackten Koffer hängen an der Alp, der Motor läuft warm und "meine Frau" verabschiedet mich mit einem ungläubigen Kopfschütteln. Egal! Strahlend blauer Himmel grüßt mich und schließlich ist es wunderbar warm, denn es hat immerhin nur -4 °C.
Wie war das noch: "Wir haben einen vollen Tank, ein halbes Päckchen Zigaretten, wir tragen dunkle Sonnenbrillen und sind im Auftrag des Herrn unterwegs". Auf nach Chicago oder doch nach Thurmansbang/Solla aufs Elefantentreffen. Auf der Autobahn alles frei. Was soll mich also aufhalten. Nach einer Stunde der erste Stop zum Auftauen. Die bemitleidenswerten Blicke der frierenden Autofahrer und sogar die Frage, ob ich was Warmes zum Trinken dabei hätte oder was bräuchte, echt Klasse was Mitleid nicht alles ausmacht. Außerdem verschoben sich die Dimensionen. Die Dosenfahrer waren froh wieder in ihre warmen kuscheligen Dosen zu dürfen und ich dacht mir bloß nicht weiterfahren, wo es doch so schön warm ist im Stehen. Es half nichts. Die Zeit saß mir im Nacken, ich hatte immerhin mit dem Fröhlich´s Stefan ausgemacht wir treffen uns um 13.00 oder 14.00 Uhr am Lautsprecherwagen.

Also weiter, zurück auf die A3 Richtung Deggendorf. Was erblickten da meine müden Augen eine GS 1100 samt Fahrer! Noch so ein Verrückter! Schön, dachte ich mir, vielleicht winkt mir dann nur noch jedes 2. Kind zu, wenn ich mich an seine Fersen hefte. Doch 100 km/h wollte ich dann doch nicht fahren. Also doch überholt. Gut so, wie sich später rausstellen sollte. Doch was war das? Wo war der blaue Himmel hin? Warum schneite es auf einmal horizontal? Irgendwas stimmt doch da nicht! Doch es war so. Die Autobahn war spiegelglatt und verschneit. Also gut, Geschwindigkeit gedrosselt, Beine ausgefahren und ein kurzes Stoßgebet zum Herrn. Ein paar fiese Ruckler und ich stellte mir die Frage was ich hier eigentlich tue, Rodeo reiten oder Motorrad fahren? Zum Glück fand ich jedesmal den Kupplungshebel rechtzeitig und die Alp ihre Spur ganz im Gegenteil zu "meinem Freund" mit seiner GS. Die beiden waren sich wohl nicht so ganz einig und er warf sie nach einer kurzen aber heftigen Diskussion einfach so an die Leitplanke! Sollte man so mit seinem Mopped umgehen ??? Selbst wenn es "nur" eine BMW ist???

Doch da plötzlich aus dem dichten Schneetreiben funkelte etwas blaues. Was erspähten da meine wunden Augen auf dem Autobahnschild. Noch 5 km bis zur nächsten Autobahnraststätte. Wärme, eine Toilettierstation ein heißer Pott Kaffee. Mit was man einen Menschen doch glücklich machen kann.

Nach der Pause ging es mit neuem Elan weiter. Die Autobahn war zum Glück wieder frei und bis nach Deggendorf war alles klar. Tankstop in Deggendorf und weiter. Die Zeit drängte immer noch, doch da ging das Theater schon wieder los. Mitt-lerweilen mußte ich zumindest nicht mehr auf die Richtung achten, denn die Moppedfah-rerdichte wurde so hoch, daß man einfach nur noch hinterher fahren mußte und garantiert am Ziel ankam. Garantiert??? Naja, wenn da nicht das Eis und der Schneematsch gewesen wären. Zum Glück konnte ich mir das Schauspiel immer von meiner Sitzbank aus ansehen und nicht aus dem Straßengraben. Geschafft, endlich angekommen und völlig überwältigt. Sooo viele Moppeds auf einem Haufen. Parklücke gesucht, Alp abgestellt, dem Herrn gedankt und mich auf die Suche gemacht nach dem Fröhlich´s Stefan. Am Kassenhäuschen stand er dann glücklich grinsend. Schnell gezahlt, Gepäck geholt und erst mal Zelt aufgebaut.

Schön wäre es gewesen, wenn das Zelt auch da stehengeblieben wäre, wo ich es aufgebaut habe. Leider war dem nicht so. Der Fröhlich grinste nur und sagte: "Leg dich erst mal rein." Gesagt, getan und schon ging die lustige Rutschpartie los, dummer weise nur direkt auf die Lagerfeuerstelle zu. Nur durch einen mutigen Sprung vom Stefan und Roger, Stefans Freund, entging ich dem Lagerfeuer und mein Zelt blieb ganz. "Dasselbe Theater hatten wir gestern auch schon" hörte ich da die Stimme vor meinem Zelt sagen. Also andere Stelle gesucht. Dasselbe noch mal und das Zelt blieb da stehen, wo es sollte. Bereits jetzt waren alle Strapazen der Herfahrt vergessen und die Faszination des Elefantentreffens hatte mich schon voll gepackt.

Nun war die erste Platzrunde angesagt, um alles mal zu betrachten. Irgendwie kam ich mir vor wie in einem riesig großen Zoo voll mit lauter exotischen Tieren. Ich kam mit dem Schauen gar nicht mehr hinterher. Solche Umbauten habe ich noch nie gesehen. Und man mußte ständig auf der Hut sein, damit einen nicht irgendein völlig Verrückter mitsamt seinem Mofa übern Haufen fuhr. Denn Hill-climbing Rachau ist eine echt Langweilige Veranstaltung gegen das was da abging. Ständig versuchte irgendeiner mit seinem Mofa den völlig vereisten Weg aus dem Talkessel nach oben zu kommen. Stunts nicht ausgeschlossen. Mancher Mofamotor mußte auch dran glauben und was gibt es da besseres, sagt sich der "gemeine Italiener", als ihn dann gleich ins Lagerfeuer zu schmeißen. Das sorgte aber kaum für Aufsehn, wenn man bedenkt, daß es auch Grills gab deren Grillspieß für´s Spanferkel mit einem Mofamotor angetrieben wurde oder einfach das Hinterrad aus dem Motorrad montiert wurde und statt dessen ein Kreissägenblatt eingebaut wurde um das Lagerfeuerholz passend zu sägen.

Der ganz normale Wahnsinn in Dosen eben!!! Weiter geht´s. Der Fröhlich hat erzählt, daß er Locke bereits getroffen hat, also machen wir uns auf die Suche nach seinem Lagerplatz und was sehen meine Augen da und vor allem was hören meine Ohren: "Nu guck a mol, der Bruder Tack!" Schatzi hat sich vom restlichen Transalpkom-binat Sachsen gelöst und sitzt glücklich grinsend mit einer unbestimmten Anzahl Promille am Lagerfeuer. Locke und Schatzi erzählen von den Abenteuern, die sie seit Donnerstag schon erlebt haben und bald ist es so gemütlich und kuschelig warm am Lagerfeuer der beiden, daß wir uns dort festgeschweißt haben. Locke allerdings war ständig auf Ausschau nach seiner Gisela, die mit `ner Freundin noch auftauchen wollte. Was sie dann auch tat. Sie konnte der Faszination der vereisten Straße nicht wiederstehen und mußte mit ihr in Körperkontakt gehen. Zum Glück ist ihr nichts passiert und außer ein paar verbogenen Hebeln war auch dem Mopped weiter nix passiert. Doch wo war Rita? Sie tauchte auch im Verlauf des weiteren Abends nicht auf, so daß wir davon ausgehen mußten, sie ist umgekehrt und nach Hause gefahren. Aber auch dieser Umstand konnte unsere Stimmung nicht drücken und es ging heiter weiter.

Doch da war noch was, was uns keine Ruhe ließ. Warum fror dauernd der Zapfhahn vom Faß ein und wo gibt es die Aufnäher? Das Einfrieren mag in direktem Zusammenhang mit dem Untergang der Sonne und der damit gefallenen Temperatur auf ca.-12 °C stehen und Aufnäher konnte man nur ganz unten im Talkessel kaufen. Ganz unten im Talkessel!!! Will ich diesen Aufnäher wirklich unbedingt haben??? Dort hinlaufen wäre eigentlich kein Problem wenn da nicht die ca. 15 % Steigung wären und der total vereiste Weg. Hilft nix, der Aufnäher muß her und das Gelände erkundet werden. Selbst Schatzi ließ sich von dieser wahnsinnigen Idee mitreißen. Schatzi kannte bisher nur den Eingang durch den er einmal kam und sein Lagerfeuer, diverse Alkoholika und sein Zelt. Weiter kam er die letzten 3 Tage noch nicht.

Gesagt getan. Wir sind runtergelaufen. Zumindest anfänglich. Nachdem es mich zum dritten mal wirklich voll aufs Steißbein geschmissen hatte, blieb ich gleich auf selbigem liegen und rutsche den Rest des Weges runter. Wieviele Menschen, die gerade auf dem Weg nach oben waren, das das Leben gekostet hatte, läßt sich nicht mehr rekonstruieren. Unten angekommen wurden sofort Aufkleber und Medaille gekauft. So langsam meldete sich der Magen zu Wort und brüllte HUNGER! Also auf zum Zelt und was Eßbares organisieren und dann wieder zu Schatzi und Locke ans Lagerfeuer.

Da der Weg allerdings so weit war (ca. 10 Min.) mußten wir unterwegs doch glatt zweimal stehenbleiben und mit Wodka-Blutorange nachtanken. Da war genügend Alkohol drin und damit war er vor dem Erfrieren geschützt. Denn unser Problem war, daß echt alles sonstige eingefroren war. Egal, ob die Steaks, das Brot, die Cola in der Dose, Würste, Brat-wurstgehäck oder was auch immer. Stop, da waren doch noch Erdnüsse. Zum Glück, wenigstens die waren noch unge-froren. Also erstmal `ne Runde Nüsse.

Alles andere kam zum Auftauen erstmal aufs Dreibein. Die Verzweiflung trieb uns dazu, halb gefrorene Würste zu lutschen. Doch der Duft, den das langsam werdende Fleisch von sich gab, entschädigte dafür voll und ganz. Bis weit in die Nacht lachten wir über einen dummen Spruch nach dem anderen. Einige Besuche brachten uns auch Erheiterung, wie der des sternhagelvollen Österreichers, der sich schwankend mit der Frage: "Habt ihr noch ein berauschendes Getränk zu verkaufen?" unserem Lagerfeuer näherte.

Voll Mitleid verkaufte Locke ihm dann eine Flasche Glühwein für 5 DM und er probierte, ob man das Zeug wirklich erst warm machen müßte. Er beschloß nein und gab sich das Zeug auf der Stelle in kaltem Zustand. Auch der Satz von Schatzi: "Häddsde dir mol ne Honda gekooft" erlangte im Verlauf der Nacht Kultstatus und jeder, der sich unserem Lagerfeuer nur im vorbeigehen näherte, mußte sich diesen Spruch anhören. Irgendwann war aber die Zeit gekommen. Der Grill leer gefressen, das Faß leer, und mittlerweilen -17,4 °C. Drei gute Gründe in die Heia zu gehen.

Auf dem Heimweg fiel mir dann erst die ultimative Art auf, um eine Alp zu parken und vor allem zu sichern. Stefan lehnte seine Alp einfach gegen einen Baum aber damit nicht genug, er band sie auch noch fest daran. Unglaublich, das ist Dieb-stahlschutz vom Feinsten. Nun aber nix wie ab ins Zelt denn schließlich hieß es morgen früh zusammenpacken und heimfahren. Blieb nur zu hoffen, daß sich das Wetter bessern würde und die Straßen frei sind. Die Nacht verlief ohne Zwischenfälle und das Zelt stand am nächsten Morgen immer noch da, wo es ca. 5 Stunden vorher auch noch stand.

Sonntag morgen 8.00 Uhr. Die Sonne lachte mich an und ein strahlend blauer Himmel schmerzte meine übernächtigten Augen. Erst mal die Schuhe nebens Lagerfeuer und Wasser auf die Feuerstelle für den Tee. Der Tag konnte beginnen. Nach dem Stehfrühstück mit Müsliriegeln und Tee wurden die Sachen schnell zusammengepackt und im Beiwagen von Roger´s MZ verstaut. Dann kam die aufregenste Frage auf. Bringen wir die MZ und Stefans Alp jemals wieder aus dem Gelände raus? Vorsorglich hatte ich vor dem Gelände geparkt um mir das nicht antun zu müssen.
Auf jeden Fall war die MZ nach dem zweiten Kick da und tuckerte los. Stefan und ich schoben und wenn der Reifen dann mal Grip bekam, hingen wir hinten dran wie so ein Drachenschwanz.
Ok, geschafft, die MZ war draußen. Nun noch die Alp und ab die Post. Noch schnell meine geholt, doch was ist das? Sie will nicht anspringen. 2 mal war sie schon da, wieder ausgegangen. Bockmist. Zufällig kam Locke vorbei und half mir den Bock in die Reihe der Schlange des Starthilfewagens zu schieben. Seitendeckel wegmontiert und warten. Doch 2 Moppeds vor dem Batteriewagen nahm sie dann ihre ganze Kraft und ihren Stolz zusammen und sprang an. Da sieht man es wieder, eben nicht nur eine Honda (die ich mir da gekoft hab) sondern auch eine Transalp! Neidische Blicke sahen mich an, als ich dann davon fuhr. Hä hä hä!

Stefan und Roger warteten schon und ab ging es in Richtung Heimat. Die erste Etappe führte uns bis zur Raststätte Bayerischer Wald, wo wir das erstemal wieder eine gepflegte Mahlzeit mit Messer und Gabel und im Sitzen zu uns nahmen. Der Rest der Heimfahrt war dann kein Problem mehr. Einmal noch aufwärmen auf dem Parkplatz, wo wir prompt von einem wildgewor-denen Kegelclub umlagert und mit Fragen gelöchert wurden. Kurz vor Nürnberg überholte mich dann noch ein Streetfighter mit dem Kennzeichen HH. Da überlegte ich, ob ich nicht vielleicht doch ein Weichei bin, wenn ich mir vorstelle, daß ich jetzt gleich unter der schönen heißen Dusche stehe und langsam wieder auftaue, während er vielleicht noch 6 Stunden Fahrt vor sich hat. Naja jedem das seine! Glücklich zu Hause angekommen mit ca. 2 Kilo Salz auf Klamotten und Mopped und nix wie ab unter die Dusche.
Ahhhhhhhhhhhh!!!

ONLY THE STRONG SURVIVE!!!