Transalp mit Beiwagen

von Stefan Kremer

Das dritte Rad

Klar: Die Nachricht, dass Bettina schwanger war und die Entbindung Mitte Juni sein sollte, war keine 3 Tage alt, als wir das erste Mal uns über die Frage "Und wie bringen wir unseren Würmi und Moppedfahren mit den Transalpern unter einen Hut?" auseinander setzten.

Eine gute Anregung hatte Ralf Schwarz unmittelbar zuvor auf dem 98er ITT mit seinem Gespann gegeben - eine echte Steilvorlage. Als dann im Sommer noch ein Kontakt zu Gespannbauer Klaus Welling in Roßtal entstand, wurde die Frage natürlich ernsthafter diskutiert und durchgespielt. Die erste Prämisse war natürlich sofort klar: Als Basis für einen Umbau kam nur eine Transalp in Frage - irgendwelche Blößen von wegen Africa Twin oder gar Gold Wing (das kann ja jeder!) wollten wir uns gar nicht geben.

Dabei stellte sich die Transalp als nicht ganz unkritisch in Sachen Gespannumbau heraus. Erstens bietet der Rahmen kaum Ansatzpunkte für die Befestigung eines Bootes und bedingt damit in aller Regel einen festen Hilfsrahmen, der für sich gerechnet - je nach Ausführung und Einkaufsquelle - mit Minimum 4.000 DM zu Buche schlägt. Der Grund: es gibt "nur" fertige Konzepte der verschiedenen Gespannbauer, die auch TÜV-abgenommen sind, der Rest ist edle Handwerkskunst und die hat nun mal ihren Preis.

Der zweite Nachteil ergibt sich unmittelbar aus diesem Hilfsrahmen: Da er aus Stabilitätsgründen fest mit dem Hauptrahmen verbunden werden sollte, entfällt damit die Möglichkeit eines wahlweisen Betriebs, d.h. einmal Gespann, immer Gespann. Die einfache Demontage des Bootes und fertig ist die immer noch straßenzugelassene Solomaschine - ist (besser) nicht! Natürlich geht auch eine geschraubte Verbindung - halt auf Kosten der Stabilität. Ein nicht zu verachtender Faktor bei einer Enduro, die auch als Gespann mal abseits der Straße bewegt werden soll.

Und wenn schon festes Gespann, empfiehlt es sich, direkt Nägel mit Köpfen zu machen: Die Vorderradgabel wird durch eine geschobene Schwinge ersetzt (erleichtert das Handling), das ganze auf 15 Zoll-Felgen umgespeicht und mit Autoreifen (höhere Laufleistung und Kurvenfahren in Schräglage ist ja nicht eh' mehr) besohlt. Ratzfatz ist Nachteil Nr. 3 da, der das Konto schnell noch mal um zwei, drei, vier oder fünf Tausender erleichtert. Auch da - siehe oben - hat sein Gespannbauer individuelle Vorstellungen, welche Komponenten denn die besten seien, was die z.T. erheblichen Preisunterschiede erklärt.

Nachteil Nummer vier ist der Motor. Schande! Das Sahnestück der Alp schlechthin ist auf Dauer mit seinen 50 PS dennoch zu schwach um ein Boot zügig vorwärts zu bringen. Als grobe Faustregel rechen Gespannbauer mit einem Leistungsverlust von rund 25 % (natürlich immer abhängig von Bootsgewicht und Ausgangsleistung der Zugmaschine) gegenüber der Soloversion. Heißt: die 50 Pferden, die die Soloalp für manchen Superbiker erschreckend schnell vorwärts bewegen, verhalten sich mit angeflanschtem Wurfanker, als würde man eine Alp mit 34 PS bewegen. Anders als aber z.B. in der 1B-Variante gehen diese 16 fehlenden PS nicht oben verloren, sondern gleichmäßig über das gesamte Drehzahlband. Wer von 34 auf 50 PS umgestiegen ist und umgekehrt, weiß, dass die Alp bis rund 140 km/h sich in beiden Varianten vom Drehmomentverlauf her fast gleich verhält. Der gedrosselten 34er Version geht dann die Puste aus, die offene 50 PS-Version bekommt dann die zweite Luft und zieht durch. Das Gewicht eines Bootes wirkt aber über das komplette Drehzahlband, so dass der Anzug insgesamt zäher wird. Heißt also: entweder die Tempoansprüche runterschrauben und gondeln oder tiefer ins Portemonnaie greifen und über Tuningmaßnahmen die verlorengegangenen Pferde durch neue, frische Rösser ersetzen. Siehe unter der Rubrik: AT-Motor in die Transalp verpflanzen.

Hat man sich als treuer Transalp-Fan mit allen Limitationen der geliebten Basis abgefunden, stellt sich sofort die Frage: "Welches Boot bau ich dran?". Grundsätzlich passt jedes Boot an jedes Motorrad - alles nur eine Frage des Aufwandes, des Gewicht des Boots und der Leistung des Triebsatzes. Bei letzterem hatten wir gerade gelernt, die Transalp tendenziell davon immer zu wenig hat, also schieden alle Boote aus, die über einem Maximalgewicht lagen, das wir nach eingehender Lektüre im Gespanne-Katalog aus dem Verlag "Motorrad-Gespanne" - der auch eine gleichnamige Special-Interest Zeitschrift herausgibt - bei 80 kg festlegten. Das sind 20 kg mehr als Ralfs Jeaniel Cobra-Boot wiegt und auch der könnte sich ein fixeres Vorankommen vorstellen. Dennoch: 80 kg sind verflucht wenig, wenn es darum geht ein Boot mit akzeptablen Eigenschaften auch für einen kleinen Passagier zu finden und andererseits verflucht viel, wenn 50 PS sie zusätzlich zu 220 kg Maschine + Fahrer + Beifahrer + Gepäck vorantreiben sollen. Ein klassischer Kompromiss also.

Die nächste Frage, die sich uns stellte war der Einsatzbereich. Einerseits sollte unser Würmi möglichst früh dabei sein, das ganze also "kinderfreundlich", sogar "kleinstkinderfreundlich" sein. Heißt in dem Fall: Platz für einen Kindersitz, Verdeck gegen Sch..ßwetter und Zugluft, Stauraum für die Extraklamotten, die so einem Knirps für eine Reise unerhört wichtig erscheinen wie Laufställe, Wickeltische, unzählige Teddybären, Bobbycars, Zwille-Munition in rauen Massen, Planschbecken usw. ;-). Andererseits lockt natürlich auch mit Boot der Schotter - gerade erst waren die Alps doch so schön leicht und gestrippt und schottertauglich - ein Enduroboot also: nix als Rad, Riffelblech und Haltegriff - bestenfalls noch die Alubox als Daypack ;-). Hier gibt es keinen Kompromiss - ein genauso klassischer Fall von "entweder - oder"! Und da unser Knirps den Anstoß für die Überlegung geliefert hatte, war Papis Enduroboot schneller tot, als es in die Diskussion geworfen wurde :-(.

Aber schon die Suche nach einer Büchse, bei der nicht einfach nur eine Persenning verhinderte, das sie im leeren Zustand bei Regen zur gutgefüllten Badewanne mutierte, sondern die dann auch mit Verdeck noch vollnutzbar war, gestaltete sich schwierig.

Beiboote

Unter den genannten Prämissen erschienen uns dann folgende Boote als sinnstiftend:

  • Carrel TR 500 Boot 3/TR 650 Boot 5, 80 kg, 150/200 ltr. Kofferraum, Verdeck gegen 2.000 DM Aufpreis, 5.900/6.700 DM ohne Lackierung (im folgenden "o.L." abgekürzt). Die Form der Boote ist gleich, lediglich die Breite differiert. Eine Lackierung ist nicht nötig, weil der Karosserie-Kunststoff durchgefärbt ist.
  • Heigl Karat, 85 kg (hmm, na ja, Augen zugekniffen - Stahlblechkarosse halt), 200 ltr. Kofferraum, 12.000 DM o.L. (Augen wieder ganz weit auf).
  • Mobec Zero, 75 kg,145 ltr. Kofferraum, Verdeck 980 DM Aufpreis, 8.900 DM o.L.
  • Squire ST3, 85 kg (nochmal die Augen zu), 120 ltr. Kofferraum, 6.000 DM o.L. - nicht notwendig, weil eingefärber Kunststoff.
  • Schmidt SK (na ja wenigstens so was ähnliches wie ein Enduroboot), 90 kg (tief durchatmen, hmm, Edelstahl), Kofferraum variabel, weil nach Kundenwunsch, Verdeck und Scheibe möglich, 5.500 DM o.L., aber VA-Stahl sieht auch so schweinegeil aus.
  • Velorex 562/700, 70 kg, 70 ltr. Kofferraum, Verdeck serienmäßig, ja nach Anbieter ab 1.400 DM o.L.
  • Walter Jewell junior, 60 kg, 75 ltr. Kofferraum, Verdeck serienmäßig, 6.300 DM o.L.

Der Vollständigkeit halber: wer nicht nach "familienfreundlichem" schielt, sondern schlicht ein Spaßmobil haben will, der findet eine reiche Auswahl an "Cabrios" und Endurobooten:

Endurogespanne

  • Hedingham ET
  • MOTEK Enduro
  • auer Falke Enduro
  • Stern Modul, Velorex Enduro
  • Walter Enduro

Bilder oben und unten: Transalp mit Enduroboot von Hermann Blösel, Reichenschwand b. Nbg. - Eigenentwicklung, aber sehr ähnlich dem Velorex Enduroboot

"Cabrios" (offene Boote ohne Verdeck)

  • Bobby
  • Carrel Mistral
  • EZS Rally
  • Hedingham Midget
  • Heigl Facet
  • Jeaniel Cobra
  • Jeaniel Lynx
  • Peterson Sunny Fun
  • Sauer Falke
  • Sauer Spatz
  • Watsonian Monza
  • Räbiger GVG

Bild oben: Transalp mit Jeaniel Cobra von Ralf Schwarz

 

Eine Sonderstellung nimmt noch der Schwenker von Kalich ein. Kein klassisches festes Beiboot, sondern mit Gelenken an einen Hilfsrahmen unter dem Motor angedockt. Die Fahreigenschaften sind einer Solomaschine ähnlicher als einem Gespann. Da Kai Menger das an seiner RD04 betreibt, sollte - aufgrund der weitgehenden Rahmengleichheit - das Teil auch an einer Transalp zu befestigen sein.

Mehr zum Schwenker auf Kais Page

Bild oben: AfricaTwin RD04 mit Kalich Schwenker von Kai Menger

Insgesamt fällt auf, das die Preisspanne sehr weit gestreckt ist. Eine Billigvariante mit dem Velorex-Boot wäre mit allem Pipapo - Hilfsrahmen, Lackierung, Gabelumbau, Umspeichen, Eintragung auf rund 8.000 DM Umbaukosten gekommen. Nachteil dieser Lösung: ein Miniboot mit relativ wenig Zuladungsmöglichkeit.

Preislich ganz oben (in der TA-Klasse - frage nicht, was so ein Wing-Gespann verschlingen kann): Heigl Karat. Unterm Strich kamen da lockere 20.000 DM raus! Indiskutabel für die junge Familie.

Im Mittelfeld scheint es ein klares Preisgefüge zu geben: je Design, desto teuer. Wer etwas halbwegs Ansehnliches haben mag, zahlt ein paar Mark mehr. Am hübschesten fanden wir ausgerechnet die beiden schweren Klötze von Schmidt und Squire. Auch das Mobec gefiel uns gut, allerdings unserer Kasse weniger.

Die Endausscheidung gewann dann das Walter Jewell. Mit Umbaukosten von rund 12.000 DM zwar an der oberen Schmerzgrenze, aber mit einer Optik die - wie das Bild von der BMW F650 zeigt - sich mit einer Reiseenduro gut verträgt.

Fazit für uns

Der Umbau hätte uns runde 12.000 DM gekostet, um danach die Nachteile von Auto und Motorrad miteinander kombiniert zu haben. Parallel wurden natürlich auch andere Varianten diskutiert, um Knirps und Mopped unter einen Hut bringen. Die preiswerteste Lösung für uns heißt: Anhänger für 2 Transalps kaufen (neu ab 1.200 DM, gebraucht z.T. für wenige hundert DM), hinter den VW-Bus Pistenbulli spannen, in dem Würmi optimal untergebracht ist. Und unser Knirps fährt erst dann auf dem Mopped mit, wenn er alt genug ist oder selbst fahren kann.

eMail von Helmut Siebert:

Einige Anmerkungen zur Gespannseite können wir uns nicht verkneifen.

Nach einem Gespann-Schnuppertraining im September 1998 gingen wir auf die Suche nach einem "günstigen" Gespann. Da wir bei dem Gespann-Training am liebsten mit einem BMW-Geländegespann fuhren und vom Gespannfahren total begeistert waren, gingen wir auf die Suche. Im Dezember 1998 wurden wir bei einem Gespannbauer (Fa. Räbiger in Homberg/Ohm) fündig und waren auf Anhieb in das Transalp-Geländegespann verliebt.

Basis ist eine TA des Baujahrs 1989. Der Rahmen wurde verstärkt, der Seitenwagen ist an vier Stellen mit dem Motorradrahmen verbunden. Als Sitz dient eine Alukiste, unter der Kiste ist ein Tank eingebaut der ca. 25 Liter fasst. Dieses Zusatzgewicht ist vor allem bei unbesetztem Beiwagen auch dringend notwendig, da sonst in Rechtskurven das Beiwagenrad nur noch in der Luft ist. Anstelle der Gabel ist eine Schwinge zum Vorderrad eingebaut. Die Bereifung ist 145/60-15 hinten, 4.00-18 vorn und 3.50-16 auf dem Beiwagenrad. Für den Winter bzw. für (leichte) Geländefahrten kommt ein Hinterrad mit 130/80-17 (Metzeler MC Karoo) zum Einsatz. Die Hinterradbremse wurde von Trommel- auf Scheibenbremse umgebaut (Schwinge und Bremsanlage von `91er TA).

Da wir das Gespann vor allem im Winter und nur auf Landstraßen einsetzten, reicht die serienmäßige Leistung von 50 PS locker aus, um im Verkehr zügig mitzuschwimmen, langsamere Pkw zu überholen oder längere Touren zu unternehmen. Um zügig unterwegs zu sein, muss der Beifahrer allerdings bei den Fahrten kräftig turnen. Das macht soviel Spaß, dass wir gar nicht entscheiden können was mehr Spaß macht, das Fahren oder das Turnen im Beiwagen. Und frieren tut man im Beiwagen aufgrund der Bewegung auch weniger als beim Fahren. Die Reaktionen der Fußgänger oder Autofahrer sind alle enorm positiv oft winken uns die Leute sogar zu.

Natürlich ist der Verschleiß insgesamt höher als bei einer Solomaschine. Häufigere Pflegepunkte sind eigentlich nur die Radlager, die bei den Gespannbelastungen nicht so lange halten. Seit dem Wechsel auf wasserdichte SKF-Lager geht das aber auch schon besser. Der Pkw-Hinterradreifen hält ganz schön lange, dafür ist der Vorderradreifen durch die starken Radierbewegungen in den Kurven schneller am Ende. Wie bei jeder älteren Maschine sind halt regelmäßige Wartungen, Überarbeitungen und Verbesserungen notwendig und auch dass gehört ja zum Hobby Motorrad.

Bei allem Spaß mit unserem Gespann freuen auch wir uns auf das Frühjahr und den Sommer und unsere Solomotorräder.