ACTION TEAM Enduro-Training

in Warching vom 3. - 4.05.97

Eines sofort vorneweg: diese Veranstaltung bekommt das Prädikat besonders wertvoll. Preis/Leistungsverhältnis sind ausgezeichnet. Wir hatten 2 Tage lang jede Menge Spaß und der Spaß war mit 450 DM zzgl. Getränke am Abend und Sprit nicht zu teuer erkauft. Eine spätere Wiederholung ist für meinen Teil sicherlich nicht ausgeschlossen.

Das zweite sofort hinter her: Alles, was ich hier wiedergebe, ist ein Bruchteil dessen, was ich in den zwei Tagen gesehen, gehört und mit viel Glück auch tatsächlich gelernt habe. Komm' mir bloß keiner auf die Idee, das Ding hier auszudrucken, an den Lenker zu kleben, nachzufahren und zu glauben, das wäre schon ein Endurokurs! Selber hinfahren und eigene Erfahrung sammeln, sag' ich da nur! ;-)

Nu' aber los: Angetreten waren gut 40 Leute, die von 6 Instruktoren betreut wurden. Die meisten der Teilnehmer waren bereits am Freitagabend angereist. Da wir von Schwabach aus nur eine knappe Stunde Anfahrt hatten, waren Bettina und ich Samstags zur verabredeten Zeit in Mörnsheim, wo wir unser Quartier hatten, eingetrudelt.

Zunächst ein ungläubiger Blick: Das Gasthaus war das richtige, die Tafel vom ACTION TEAM war unübersehbar im Foyer, aber rundrum keine Moppeds. Beim Eintreten konnten wir jedoch endgültig sicher sein, in der richtigen Ecke gelandet zu sein. Moppedausrüstung stapelte sich auf dem ersten Tisch bis in Augenhöhe. Wirt Hansi packt mich erstmal ins Auto und wir beziehen unser Zimmer - nein, richtiger unser Appartement - etwas außerhalb am Ortsrand. Einfach, aber sauber und sehr nette Gastgeber. Der Gasthof "Zum Brunnen" reicht bei weitem nicht aus, alle vor Ort nächtigen zu lassen, so daß auf benachbarte Häuser und Privatquartiere zurück gegriffen wird. Am Abend stellt sich dann auch heraus, daß dies der Stimmung keinen großen Abbruch tut.

Die vermißten Moppeds tauchen dann beim Zug um zwei Häuserecken auf. Ein kompletter Parkplatz mitten im Ort wird von BMWs, KTMs, XTs, Ténérés, Transalps, DRs und diversen anderen Stollrössern - und zugehörigen Pickups, Transportern, Anhängern etc. belagert. Nach ein paar Ansagen der Instruktoren (Muß man unter Moppedfahrern tatsächlich noch die Frage nach "Du" oder "Sie" klären ?) geht's in mehreren Gruppen zum Trainingsgelände ins ca. 8 km entfernte Warching. Die Gegend sieht recht einladend aus, leichte Schotterwege, sanfte Wiesenhügel. Wer einen ersten Schritt etwas weiter in den hinteren Teil tut, stellt allerdings fest, das es sich um's Trainingsgelände des örtlichen MotoCross-Vereins handelt. 14 Tage später findet hier ein Lauf zur Deutschen Meisterschaft statt.

Ein erstes Schlucken und dann der Gedanke: Na, ja die Holzer mit den Leichtteilen nach hinten, unsereiner mit der dicken Bertha auf die Schotterwege. Pustekuchen. Die erste Einteilung, die getroffen wird, dürfen die Teilnehmer selbst treffen. Wer ist noch nie auf Schotter gestanden, wer hat schon mal ein bißchen, wer fühlt sich zu großem berufen?

Die Anfänger outen sich etwas zögerlich, umso größer der Ansturm auf die Gruppe der leicht Fortgeschrittenen, in der sich auch der Großteil der Alper wiederfindet. Was übrigbleibt sind tatsächlich die Cracks mit Hartwaren á la Husky, LC4 und als einziger "Softie" eine XT. Der Mittelbau wird sozusagen per Abzählreim in Gruppen aufgeteilt und so kommt es, das Bettina und ich uns in einer Gruppe mit folgender Besetzung wieder finden: Frank und Werner mit je einer KTM LC4, Doris mit einer Kawa KLX 650, Jutta nicht mit ihrer Alp, sondern mit der Suzi DR 350 sowie Wilfried mit einer Yami XT 600. Am Mittag stößt dann noch Martin ebenfalls auf einer DR 350 dazu. 8 Leute, dazu unser Instruktor Helmut - ausgestattet mit einer BMW 650 GS, einem sonnigen Humor und einem Fahrkönnen, das einem dem Neid in den Kragen treibt.

Lektion Nummer Eins: Vergeßt die 5 cm Fahrspur (die Euch Angst macht) vor Euch. Die Erde ist rund, hat einen Umfang von 40.000 km. Also bleiben links 20.000 km und rechts 20.000 km Platz für einen anderen Weg - so einfach ist Enduro :-). Helmut löst die Verkrampfung vor der ersten Einlage sofort. Immer wieder bringt er zwischendurch ähnlich "gute Ratschläge" oder Stückchen aus dem Nähkästchen. Wenn aber am Ende der Story ein kurzes "..., gut!" zu hören ist, ist Aufmerksamkeit angesagt. Dann heißt's Augen und Ohren aufsperren - es kommt die nächste Lektion und fleißiges üben ist angesagt.

Alles, was oberhalb von ca. 1,20 am Mopped sitzt wird "gechoppt": Runter mit den Spiegeln, runter bei mir auch mit der Scheibe. Was nicht dran ist, kann auch nicht kaputt gehen. Die Lockerung von Brems- und Kupplungsarmatur (damit im Sturzfall nix verbiegt oder gar bricht) kann ich mir sparen - meine Alubügel werden's schon abfangen. Um's direkt zu sagen: die Dinger sind göttlich. Haben mir für mindestens 80 DM Hebel an diesem Wochenende gespart und sich damit von alleine bezahlt gemacht - dazu später mehr :-).

Wieviel PS braucht's um durch's Gelände zu kommen? 10, 17, 27, 34, 50, mehr als 50 ? Wir lernen schnell, das mehr als eine handvoll Pferde kaum zu bändigen sind: Alles absteigen, Motor an, 1. Gang rein, kurz über Leerlauf - also dort, wo bei jedem Mopped nicht mehr als 1 - 2 PS anliegen - pöttern lassen und nebenher laufen. Oops! Klingt leichter als es ist. Zunächst gilt es mal das Gefühl für die Kupplung zu entwickeln, damit nicht die Kiste davon galoppiert oder abgewürgt wird. Der Glaube in mein Gefühl für's Mopped gerät schon beim ersten Einsatz ins Wanken! Und mein T-Shirt faßt schneller Feuchtigkeit, als ich in meinen kühnsten Erwartungen geglaubt hatte.

Zum nächsten Teil heißt's dann aufsitzen. Wieder nur kurz über Leerlauf und ab auf die Wiese, etwas links und rechts wedeln. Schluck! Nächster Schock! Es ist gerademal halb zehn, das Gras noch feucht! Ich seh' mich schon den Morgentau kosten. Also erstmal ganz gemütlich. Aber wie's so ist: keine konstante Geschwindigkeit, mehr eiern als lenken. Sieht irgendwie krampfig aus - zum Glück nicht nur bei mir. Trick No.1: Zeigefinger auf den Bremshebel legen. Damit wird der Gasgriff - na, ja - arretiert; zumindest ist ein bewußter Punkt da, der sowohl nach oben als auch nach unten überwunden werden muß. Trick No. 2: Ar... hoch! Schön kerzengerade in den Rasten stehen, den Tank zwischen die Knie packen, Lenker locker halten und mit Druck auf die kurveninnere Rasten steuern. Na bitte! Sieht schon viel flüssiger aus. Und mit dosiertem Gaseinsatz kann jetzt langsam der Grenzbereich ertastet werden - wann geht's Hinterteil weg!? Noch ein bißchen üben: (sanfter!) Hang hoch, Hang runter, Kreise, Achter, Slalom,... schon ist 1. Pause und gute Gelegenheit sich bei einem Kaffee über die ersten Fortschritte zu freuen und das Hemd zu wechseln.

Nach der Kaffeepause wechseln wir unseren Standort. Es geht hoch an den Waldrand wo ein sanft abfallender Schotterweg unsere Bremsstrecke wird. Wann steht ein Mopped aus 30 km/h bei Vollbremsung auf Schotter? Die Einsätze werden gemacht. Rien 'ne vas plus - nix geht mehr, Helmut nimmt Anlauf und greift am markierten Punkt in die Eisen. Ergebnis: alle um Längen daneben getippt! Von wegen die Kiste schmiert erstmal ein paar Dutzend Meter übers Geröll - nach einer Fahrzeuglänge ist Schluß mit lustig und die Karre steht! Zum Vergleich direkt danach das Ganze bei Tempo 60: Es staubt mächtig und irgendwo am Ende des Wäldchens steht Helmut dann endlich! Nochmal zur Erinnerung und zur Warnung: von 60 auf 0: die kleine Weltreise, von 30 auf 0 eine Fahrzeuglänge - oder andersherum von 60 auf 30: kleine Weltreise minus Fahrzeuglänge!. Klartext: die paar wenigen km/h, die man just im falschen Moment zu schnell ist, machen's!

Warum lernt man Bremsen am besten im Schotter: Weil der Belag so ehrlich ist! Sofort beim Blockieren knirscht's. Die Rückmeldung ist also 1a und das Manöver damit jederzeit beherrschbar. Sofort ausprobieren: Bremsen mit der Hinterhand bis zum Stillstand. Wann blockiert's, was passiert? Wann passiert's - mehr oder weniger sofort, was passiert - nix passiert. Stehend in den Rasten haben wir schon am frühen Vormittag gelernt, wie die Karre zu dirigieren ist. Laß' schlingern mit der blockierten Bremse! Und vorne: Da wird's kniffliger. Bevor wir auf Tempo gehen, auch hier eine "Trocken-"übung. Mäßige Geschwindigkeit, Gas stehen lassen und kurz und kräftig die Vorradbremse betätigen, beim ersten Knirschen sofort wieder aufmachen, sonst gibt's Schrott! Steigung hoch, Steigung runter - wir entwickeln Gefühl und nach ein paar Durchgängen staubt's bei allen mächtig aber kontrolliert!

Wieviel Platz zum Bremsen aber dennoch von Nöten ist, beweist die nächste Übung: je 2 Mann fahren in frei wählbaren Abstand hintereinander in versetzter Spur. Der Vordermann hat die Aufgabe irgendwann nach seinem Gusto in die Bremse zu langen, der Folgende muß hinter ihm zum Stehen kommen! Durch die versetzte Spur wird's ungefährlich, was auch gut ist. Der Abstand oder die Reaktionszeit die notwendig ist, sind enorm! Schon eine kleine Unachtsamkeit - ich bin einmal mit meinem Visir beschäftigt, als Bettina vor mir in die Eisen greift - reicht aus, um am Vordermann gnadenlos vorbeizuziehn - oder ihn im Zweifelsfall einfach niederzubügeln! Auch der Teil ist schnell vorbei und wir machen uns zurück zur Scheune am Eingang des Geländes, wo zwischenzeitlich Wirt Hansi von Feinsten aufgekocht hat. Ob Salatiges, Vegetarisches, Fleischliches, es ist für jeden was dabei. Und 'ne Nachspeise und 'nen Kaffee dazu gibt's auch. Und 'n ruhiges Plätzchen für den Verdauungsschlaf - wer mag. Die Mittagspause ist reichlich genug bemessen.

Nach dem Essen geht's dann wieder in die Wiese. D.h. an den Wiesenrand: Übergang vom Schotterweg auf die Grasnarbe, Höhenunterschied vielleicht 30 cm. Vorderrad an den Buckel anrollen lassen, Schwung nehmen und rauf in die Wiese. Der Höhenunterschied steigert sich. Zuletzt sind wir bei 'nem guten Meter-fuffzig angekommen. Die Technik bleibt die Gleiche, der Schwung wird größer. Oben den Hahn zu und die Kiste steht wie 'ne eins. Oder Hahn auflassen und die ersten Jumps üben :-)). Die Transalp bekommt zu ersten Mal (kontrolliert) Luft unter die Reifen. Jetzt schnell 'ne andere Übung, bevor die Sucht einsetzt !

Macht Helmut auch sofort, nachdem er das Funkeln in allen Augen gesehn hat. Wir fahren rüber zum Table-Top, um dort auch den Weg nach unten zu üben. Mit sanftem Gas ein kurzes Stück die Schräge hoch und seitlich sanft runter und mit zunehmender Höhe immer steilere Abfahrten runter. Es kommt wie's kommen muß: Nachdem ich am Vormittag nur einen kleinen harmlosen Umfaller produziert hab, haut's mich bei der schönsten Abfahrt kapital auf's Maul: Genau vor dem Vorderrad bricht ein Stein weg und die Abfahrt wird etwas steiler und schneller als gedacht. Der letzte Rettungsversuch mich mit einem Gasstoß aus der Situation zu befreien und das Vorderrad über den Stein zu heben, scheitert und ich schmiere ab. Nix passiert, sah mal wieder nur spektakulär aus.

Kurzes Verschnaufen und dann geht's sachte den Table-Top hoch (nix mit springen!) und hinten wieder sachte runter. Die Abfahrtsseite darf dann auch noch herhalten, um Anlieger zu üben. Auch hier ist der Kniff verblüffend einfach: Schau dort hin, wo du hin willst, dein Mopped folgt dir willig! Im Falle des Anliegers heißt das natürlich 90 Grad nach unten schauen, und das quer zum Hang. Auch das geht mit der Zeit immer besser und Helmut legt die Reifen, die als Wendemarke dienen immer höher in den Hang.

Noch einmal Kaffeepause, noch einmal Hemd wechseln und wir gehen noch mal auf ein Schottersträßchen, um noch eine Bremstechnik zu üben. Situation: Wir kommen mit Schung über eine Kuppe, es geht zügig nach unten und dort kommt eine Rechtskurve. Wie's mit der bisher gelernten Bremstechnik ausschaut führt Helmut wieder eindrucksvoll vor: Ihm geht schlicht die Straße aus, und er schießt geradeaus in die Wiese. Was jetzt zum Einsatz kommt ist ABS: Häää?? ABS an der ollen 650er GS - dem Bauernmotorrad wie Helmut seine Kiste selbst nennt? Das gab's doch erst ab der 1000er? Und wie ist das bei unseren Kisten? Der Trick ist simpel aber wirkungsvoll: Statt in die Bremse zu langen, kurz und trocken den 1. Gang reingeknallt und das Hinterrad stempelt auf dem Schotter bis eine Geschwingkeit erreicht ist, mit locker um's Eck kommen ist! Genial - vor allem bei der Alp, die dank Cross-Getriebe für das Manöver nicht mal die Kupplung braucht!

Jetzt kommt der Punkt, wo die ursprüngliche Idee der Einteilung - Cross-Strecke für die Hardenduros, Schotterwege für die Dickschiffe - endgültig gekippt wird. Wir suchen uns ein Stück aus der Cross-Piste aus, in dem wir die vorangegangenen Lektionen hintereinander üben können: Anfahrt über einen Schotterweg, 120 Grad Kurve links durch die Grasnarbe - mit kleinem Anlieger. Über ein paar Bodenwellen auf eine kurze flache Auffahrt und danach eine nicht allzu steile, aber hohe Auffahrt, die dahinter sanft abfällt und damit ideal für Sprünge ist. Noch einen kleinen Hucker hintendran und wieder links runter auf den Feldweg. Jetzt kommt meine große Stunde: als erstem aus unserer Gruppe gelingt es mir, einen 5-Meter Sprung hinzulegen, blitzsauber gestanden und 1a gelandet! Das spornt an, nach und nach geben die anderen mehr Gas und jetzt legen auch Werner und Frank auf den LC4s weite Sprünge hin.

Bei der letzten Runde geht's dann nicht mehr links runter auf den Feldweg, sondern rechts hoch über drei hohe Stufen bis oben zum Plateau. Die Rechtskurve erwische ich nicht richtig und stehe im steilen Grashang - Schwung null, Traktion null. Was hatten wir heute mittag schon mal gelernt? Wenn du im Hang hängst, alles los lassen. Motor aus, Gang ist drin - die Kiste steht, dann dosiert die Kupplung freigeben und langsam nach hinten rollen lassen. Wenn's wieder flacher wird, steigt die Chance einen gescheiten Anlauf zu nehmen und den Hang hoch zu kommen. Der Schwung muß vor dem Hang stimmen - ob du hochkommst oder stecken bleibst entscheidest du vorher im Kopf! höre ich Helmut sagen. So wird's dann auch. Als ich wieder eine Stelle finde, wo ich Grip bekomme, wird reichlich Schwung aufgebaut, sofort hoch in die Rasten, Lenker zum Bauch und hoch den Hang! Die anderen rüsten derweil schon zur Abfahrt. Für Punkt 20:00 Uhr ist Abendessen angesagt und 'ne Dusche zwischendrin wäre halt auch nicht schlecht.

Das Essen (3 Gerichte zur Auswahl + Nachspeise) ist schon am Vormittag geordert worden, so das die Meute schnell abgefüttert ist, die Benzingespräche sind auch schnell zu Ende und statt Bier fließt die Apfelschorle literweise - alle sind irgendwie geschafft und heilfroh, als das Bett winkt. Und außerdem ist Sonntagmorgen schon wieder 8:00 Uhr Frühstück angesetzt.

Mit Helmut haben wir uns schon für viertel vor neun im Hotel, statt erst viertel nach auf dem Endurogelände verabredet. Er will schon als Warm-up eine kleine Geländerunde mit uns auf der Anfahrt drehen. Nix dagegen - auch wenn wir jetzt schon mit Gepäck voll aufgerödelt sind. Alles fiebert sowieso der Ausfahrt entgegen, die die Experten schon am Samstag hinter sich gebracht haben. Komisch nur, das irgendwie Stillschweigen über diese Tour herrscht. Und auch das Grinsen von Guide Andy - einem allgäuer Bauernburschen - verheißt eigentlich nix Gutes. Andy selbst ist ein echtes Original. Schon gestern konnten wir einen ersten Eindruck von ihm gewinnen. Irgendwann bei der Bremsübung knattert eine 600er TT vor. Fahrer in Tarnjacke, Jethelm. Drunter ein schwarzer Rauschebart, der den offenen Hut auf den ersten Blick als Vollvisierhelm erscheinen läßt und mitten im Gesicht steckt eine wirklich widerlich stickende Zigarre. Ah ja! Der Guide ist gut! Das mußt du nicht lange kucken, wo er her fährt, da klemmst dich einfach hinter den Geruch! :-)

Die erste Trainingseinheit besteht aus Gymnastik. Na gut, wenn's denn sein muß! Wir sind pünktlich mit dem Rumhampeln auf der Wiese fertig, als ein Schnürlregen einsetzt. Bedeckt war's eh schon den ganzen morgen, das hätt's jetzt nicht gebraucht. Gestern noch Sonnenbrand und nun das :-(. Egal wieder rein in die Wiese - wir wissen ja wie's geht, auch wenn's naß ist. Es dauert wieder ein paar eckige Runden, bis wieder alles frischgelernte von gestern in die Köpfe zurückgekehrt ist, aber dann läuft's.

Nach der Kaffeepause unterbrechen wir abrupt unsere Übungen. Andy hat jetzt Zeit für uns, und nachdem wir schon etwas fortgeschritten sind, will er uns nicht zusammen mit den Anfängern zusammen auf die Piste nehmen, weil's uns bremst und die anderen demotiviert. Nur gut. Kleine Gruppe macht eh' mehr Spaß! Wir haben schon vorher beim Absatzfahren - mit kurzem Gasstoß hoch - die Unterschiede mit normalem Straßenluftdruck und nun mit verringertem Geländegerechter Reifenfüllung raus gearbeitet. 0,9 sei für die kleinen Maschinen ok, 1,2 bar empfiehlt Helmut für die Alp. Bei meinem Gewicht und meinem Hang zur Gashand auf geraden leichten Schotterstücken halte ich das für keine gute Empfehlung und lasse lieber 1,4 hinten drin.

Keine ganz schlecht Idee, wie ich schon nach kurzer Zeit mit Andy vorne weg finde. Der Weg geht zwischen Wiesen, Felder und Wälder durch. Alle Sorten von Belag - leichter Schotter, Wiese, Schlamm, Waldboden und zwischendurch auch etwas Asphalt als Verbindungstücke zwischen den "Sonderprüfungen" die Andy sich für uns ausgedacht hat. Es macht einen Heidenspaß! Nachdem ich auf Schotter Andy nicht aus dem Rückspiegel gegangen bin, warnt er mich vor einer Grasetappe nochmal nachdrücklich: Der Hobel ist halt 200 kg schwer und schiebt bergab beim Bremsen schon ganz ordentlich. Auf einer Graspiste passiert dann auch der 2. Abgang. Ich bin wieder mal mit meinem Sch...visier beschäftigt, versuche das beschlagene Teil kurz nach oben zu lupfen, als ich just in dem Moment in eine Querrille eintauche. Mit einer Hand am Lenker geht's flach nach rechts in den Acker - wieder nix passiert! Die Kiste hat sich nur mal eben um 180 Grad gedreht und liegt gegen die Fahrtrichtung. Bis die letzten kommen, steht die Karre schon wieder und ich kann mich wieder einreihen.

Mittendrin kommt dann Endurofahrers Alptraum. Ein oberwichtiger Hilfs-Förster-Assistenten-Gehilfe mit Pajero ist schon alleine vom Anschein der Moppeds so angeheimelt, das er uns außer auf Asphalt nirgends anders mehr sehen mag :-((. Dabei hatte Andy, der hier jeden Bauern und jeden Förster kennt, wirklich vorher alles klar gemacht und das ok für die Strecke eingeholt. So geht's fast ohne Umwege wieder zurück auf's Gelände, wo er uns nix oder mal (je nach dem) kann! Anstatt auch hier den direkten Weg zurück zur Scheune zu nehmen, bricht Andy kurzer Hand nach links weg und wir befinden uns unversehns auf dem miserabelsten Stück Gelände, was man sich vorstellen kann: Tiefer Morast mit einer Art Bauschutt grob aufgefüllt - immer schön abwechselnd heftige Schläge und matschige Rinnen! Ich bin fast durch, als ich nur noch ein herzhaftes "Klong" vernehme und mein Motorschutz kurzzeitig zur Bremse mutiert. Abgang nach rechts übern Lenker und Sturz Nummer 3 ist perfekt. Diesmal hab' ich mir zumindest das Schienbein irgendwo angeschlagen - und auch die Anschaffung des Brustpanzers rechtfertigt sich an dieser Stelle. Beim späteren Schrauben, zeigt sich, das der Sturzbügel nicht nur verbogen ist (was man ihm nicht verdenken kann - alle Abgänge gingen auf rechts), sondern das Teil auch den Kühler in Mitleidenschaft gezogen hat - zum Glück ohne das er undicht wurde!

Aber auch das sollte noch nicht das Ende unseres Ausflugs gewesen sein. Andy hat noch ein paar Nettigkeiten auf der Pfanne - so nach und nach erklärt sich das wohl vereinbarte - und dem Fall nur gehäßige - Stillschweigen der anderen. Es geht Trialmäßig in den Wald, etwas schlammig und dann abrupt und steil links hoch über saugroben Schotter! Oops. Die Wende nach links war mal wieder nix. Besser so. Mit dem Hang muß ich mich sowieso erstmal gedanklich vertraut machen. Wie war das: Ob du oben ankommst entscheidest Du vorher im Kopf. Meine erste spontane Entscheidung ist, Helmut den Zündschlüssel in die Finger zu drücken! Seine ruhige Ausstrahlung gibt mir aber wieder Sicherheit. Wenn du hier - und ganz zurück - diese Spur - ordentlich Gas - sofort hoch in die Rasten - ... Also, Kiste nach hinten rangiert, ans Ende des Hangs geschaut, jetzt Gas, zwei-, dreimal mit den Füßen gerudert, bis die Kiste sich im Geröll gefangen hat und Speed aufbaut und hoch in die Rasten! Die Knie schmerzen beim Aufstehen, aber als ich stehe weiß ich, das ich's schaffe. Die XT hat sich links festgefahren und wird passiert, oben stehen die anderen und feuern mich an. Es klappt, am Schluß sogar lockerer als ich gedacht hatte. Geil! Aber Andys Idee die Runde nochmal zufahren halte ich für einen schlechten Witz und mach' mich auf dem direkten Weg zum Basislager.

Mensch und Maschine pflegen ist jetzt angesagt. Maschine bei mir, Mensch bei Jürgen aus einer der anderen "Leicht-Fortgeschrittenen" Gruppe. Herrn Prof. Dr. aus Kiel hat's beim Sprung erwischt, genauer gesagt die Scheibe seiner Kuh hat ihm beim Landen in die Nase gebissen. So läßt er sich erstmal zu seinen Kollegen ins nächsten Krankenhaus zum Nähen bringen. Das war aber auch schon die schlimmste Blessur von 40 Leuten. Auch das spricht IMHO für dieses Training. Ich hab' da schon schlimmere Stories von anderen Veranstaltern gehört.

Als keiner meiner Gruppe erscheint, weiß ich, daß das mit der Extrarunde kein Witz war. Die sind tatsächlich noch zweimal den Geröllhang gefahren und zuletzt irgendwo rechts steil durch den Wald nach unten auf die Cross-Strecke gebogen. Mir ist nur nicht klar an welcher Stelle die abgebogen sein könnten!? Da war in meiner Erinnerung nix, was auch nur halbwegs den Tatbestand eines Trampelpfades erfüllt hätte! Die Mittagspause ruft und als Hansi ansetzt, seine Kochkünste vom Vortag nochmal zu überbieten, hab' ich meine Alp schon wieder zusammengesetzt. Nachmittags werden noch ein paar Kletterübungen in der Crosspiste gefahren und der lange Steilhang reizt immer noch. Zum Schluß sind aber alle so groggy, das wir uns das Ding verkneifen - auch das gehört zur Trainingseinheit: seine Grenzen erkennen lernen! Bis auf Martin bleibt bis zuletzt keiner Sturzfrei - auch das verbindet! Und Werner, der nette Schweizer, bekommt sich gar nicht ein, das Bettina und ich das mit den fetten Alps so gut hinbekommen haben. Die Gruppe war sowieso spitze. Der Zusammenhalt, der sich in den beiden Tagen gebildet hat, war enorm. Die Leistung sehr ausgeglichen, egal ob Großenduro oder 350er-Schnackerl, Männlein oder Weiblein keiner fiel nach oben oder unten aus dem Rahmen.

So gegen vier findet der offizielle Teil dann sein Ende. Urkunden werden verteilt, Hände geschüttelt, es geht an's Abschied nehmen. Irgendwie bin ich stolz wie Oskar - auf mich, auf Bettina, auf mein Mopped! Und als ich mich gerade mit dem Gedanken angefreundet hab', doch kein so schlechtes Geländegerät zu haben, setzt Martin mit seiner 350er Suzi ungewollt noch eins drauf: "Ich werd' wohl heute nicht mehr nach Hause kommen, sind noch 500 km bis Minden". Hmm, die sind's bei mir bis Neuwied auch. Aber: Verkleidung statt Lampenmaske, 18 Liter-Faß statt 9-er Spritdöschen und 600er V2 statt 350er Eintopf. Komisch, aber ich könnte schwör'n, daß die Alp in dem Moment mitleidig gegrinst hat ... ;-)

Anmerkung: gleiche Veranstaltung haben wir im Jahr drauf (1998) wiederholt und waren vom Training wiederum angetan. Leider hatte sich die Verpflegung verschlechtert :-(. Als dann 1999 seitens des ActionTeams die Preise um 12 % (!) erhöht wurden, entschlossen wir uns unser "eigenes" Endurotraining zu veranstalten. Zwischenzeitlich findet auch dieses im April 2000 seine 2. Wiederholung. Inhalte genauso gut, Verpflegung angemessen, Preis: billiger! :-)). Info siehe im 2000er Tourenprogramm.

Stefan Krämer