Verkleidung strippen
von Stefan Kremer
Entgegen allen Behauptungen taugt die Transalp durchaus zum Geländemopped, wenn...
... aber wirklich nur -wenn- man ein paar entscheidende Änderungen vornimmt:
Der erste und elementarste Eingriff besteht darin, ein paar ordentliche Schluffen mit reichlich Negativprofil aufzuziehen. Die entsprechenden Empfehlungen stehen alle auf der Reifenpage und werden hier nicht weiter behandelt.
Als zweites sollte dem Vorradreifen der nötige Platz zugestanden werden, um den ganzen Dreck auch irgendwo hinzuschaufeln. Der Kotflügel gehört nach oben verlegt. Wie das geht, ist ebenfalls auf einer separaten Seite beschrieben.
Auch der Anbau eines ordentlichen Motorschutzes ist ebenfalls detailliert auf unseren Seiten beschrieben und muss hier nicht weiter erläutert werden.
Das eine gescheite Übersetzung, stärkere Federn, stabile Handprotektoren, ein breiterer Lenker die Geländetauglichkeit ebenfalls erhöhen wollen wir nicht verschweigen und verweisen auch hier auf die entsprechenden Seiten, die zum Teil bei uns zu finden sind.
Eine weitere Verbesserung der Geländeeigenschaften ergibt sich aus dem Umbau des Fahrwerks. Wahlweise lassen sich die:
die:
oder die:
verbasteln. Als mir eine gebrauchte XR600-Gabel angeboten bekam, war die Entscheidung gefallen. Die geänderte Baulänge beider Gabeln bedingt allerdings den Einbau eines angepassten Federbeins. Im vorliegenden Fall eine Sonderanfertigung von Technoflex.
Alle benötigen Teile (außer Kleinteilen wie Schrauben, Muttern, Unterlegscheiben, Kabelbinder und Stecker) für den nachfolgend beschriebenen Umbau sind in einer Stückliste aufgeführt.
Ein Teil davon sind Sonderanfertigungen, die beim Schlosser Eures Vertrauens erstellt werden müssen.
Die Acerbis-Teile sind bei Fachhändlerm, die das Büse-Programm führen (Büse ist der deutsche Importeur für Acerbis) zu bekommen. Über die Büse-Page gibt's auch den Zugriff auf eine Online-Bestellmöglichkeit.
Kommen wir also zum umfassernsten und radikalsten Eingriff: Weg mit der Verkleidung! Her mit Lampenmaske und kleinem Kühlerschutz! Und damit weg mit relativ viel Gewicht, das zu allen Unglück auch noch hoch und weit vorn sitzt und hin zu einem Schwerpunkt der näher am Mittelpunkt der Maschine liegt. Und wenn wir schon mal dabei sind, dem Mittelpunkt näher zu rücken, machen wir am Heck gleich weiter.
Nach Florians Rechung müssten dann Teile für rund 15 kg weggebrochen worden sein. Das was wieder drangehangen wird, sollte für gut 5 kg gut sein, so dass ca. 10 kg Gewichtsersparnis beim Umbau zu Buche schlagen müssten.
Sofern Sturzbügel verbastelt sind, diese entfernen und sofort in der TA-Börse annoncieren.
Nach diesem Umbau ist nichts mehr vorhanden, was den Schutz eines Bügels bedürfte.
Als nächstes die Verkleidungsseitenteile, den unteren Kühlerschutz aus Kunststoff (da wo der Kupplungszug durchgefädelt ist - einfach nach unten aufschneiden und den Ausbau des Zugs sparen, wenn er nicht eh' erneuert gehört) sowie die Innenverkleidung des Cockpits und die Windschutzscheibe runternehmen - sieht schon grausam aus, oder?
Nun ist der Tacho soweit freigelegt, dass er entfernt werden kann. Wer ein Modell bis Baujahr 89 sein eigen nennt, kann sich jetzt freuen: Der Tacho wird später noch gebraucht. Wer das neue klobige Teil von Cockpit (ab Bj. 90) vor sich sieht, darf die Lektüre hier unterbrechen, sich eine Runde ärgern und diverse Schrotthändler abtelefonieren um eine alte Tacho/Drehzahlmessereinheit für ein Heidengeld zu erwerben, oder bei Touratech anrufen, um noch mehr Geld für einen IMO auf den Tisch zu legen.
Der Tacho ab Baujahr 90 ist zu breit, als dass er hinter einer schmalen Lampenmaske noch Platz finden würde. Das wird deutlich, wenn man die beiden Tachoeinheiten nebeneinander legt:
Fertig geärgert? Wieder alle dabei? Gut dann können wir weiterbasteln! Alle Steckverbindungen für Blinker, Licht, etc. aus dem "Geweih" das die vordere Verkleidung trägt lösen und den Träger am Lenkkopf abschrauben. Das Plastikteil und der Scheinwerfer können dabei sogar am Träger montiert bleiben. Wo wir gerade bei der Elektrik sind: jetzt wäre der richtige Moment auch die Sicherungskiste neben dem Zündschloss zu lösen und sämtliche Kabel und Züge vom Lenker zu befreien. Auch die Kabelführung, die rechts neben dem Zündschloss sitzt muss weichen. Wenn Ihr das alles gemacht habt, seht ihr schon zwei der späteren Befestigungspunkte für die Lampenmaske vor Euch: An der Gabelbrücke, großzügig dimensioniert, völlig symmetrisch. Bei Verwendung der XR-Gabel ergeben sich - durch die andere Gabelbrücke - auch andere Befestigungspunkte: die obere Befestigung erfolgt an den Klemmschrauben der Gabelbrücke. Zwei kleinere Bohrungen, die an der XR-Gabelbrücke vorhanden sind, nehmen ein Adapterblech auf, das zur Befestigung des Zünd-/Lenkschlosses dient.
Da die Bremsleitung nach vorn schon entlang der Gabel verlegt sein sollte (siehe unter
müsste sich (abgesehen von dem reichlichen Kabelgewirr) die Vorderseite der Gabel völlig naked präsentieren. Auf diese nackte Gabel wird nun ein Blechkiste gesetzt, die vorn die Lampenmaske und oben das Cockpit aufnimmt.
Das Blechteil ist so ausgelegt, das zwar sämtliche Kabel darin Platz finden, eleganter ist es dennoch, einen Teil davon nach hinten zu verziehen und unter dem Tank zu verstecken. Wer's ganz akribisch mag, kürzt den Kabelbaum auf die notwendigen Längen. An diesem Distanzblech werden außerdem die Mini-Blinker von Polo (# 71001915 links, bzw. -16 rechts) angebracht.
Die Befestigung an der Gabel erfolgt oben an den beiden Augen der Gabelbrücke mit Schrauben (ich geb' ja zu, dass es etwas fummelig ist, da unten die Muttern reinzubekommen - aber da muss man wirklich nur alle Jubeljahre dran) und unten mittels der bei der Lampenmaske mitgelieferten "Strapse".
Die Tachowelle sollte bei entsprechender Verlegung gerade so noch passen. Die Verkabelungen "neu" passen 1:1 zum Tacho/DZM "alt" - mit Ausnahme des Strangs für die Seitenständerwarnlampe (die gab's halt bis 89 nicht). Oberhalb des Tripreset-Knopfs ist aber Platz (etwas außermittig, weil innen Streben laufen), wo eine Minilampe z.B. von Conrad (# 724939-44 gelb) dafür gesetzt werden kann.
Diese Lampen habe ich bei meinem IMO-Umbau aus Kostengründen übrigens auch der Kontrolllampeneinheit von Touratech vorgezogen.
Heckumbau
Die Seitengepäckträger (soweit vorhanden) kommen runter und folgen dem Schicksal der Sturzbügel oder dienen als Basis für einen individuellen Umbau von Gepäcksystem, der hier aber nicht behandelt wird. Für die weitere Arbeit ist es hilfreich, die hinteren Seitendeckel und die Sitzbank runterzunehmen - aber nicht wegschmeißen oder verkaufen - die kommen wieder dran!
Das Gestell mit der Gepäckbrücke wird ebenso demontiert, wie der original Kotflügel mit Rück- und Bremslicht. Auch der daran anschließende Innenkotflügel wird demontiert und durch einen Acerbis Baja-Targa (z.B. wieder bei Büse # 8017) mit geTÜVtem Rücklicht und einem Acerbis Federbeinschutz (Büse # 8320) ersetzt.
Der Acerbis Baja-Targa Heckkotflügel kann am hinteren Blech des Rahmenhecks, in dem sich auch noch - Honda sei gelobt - auch noch drei Bohrungen befinden, befestigt werden. Dazu bedarf es nur einiger beherzter Schläge mit einem stabilen Hammer, um das Heckblech der Kotflügelform etwas anzupassen.
Bevor der Heckkotflügel endgültig befestigt wird, werden am hintersten Ende des Heckrahmens seitlich je ein 6 mm Loch gebohrt, das die Befestigungsschrauben der hinteren Mini-Blinker (wieder von Polo, diesmal aber # 71001912 links, bzw. -13 rechts) aufnimmt.
Der Heckkotflügel wird zusätzlich zu den Schrauben im Heckblech mit Kabelbinder am Rahmendreieck festgemacht. Auch eine Befestigung zum Luftfiltergehäuse hin ist denkbar.
Wo wir gerade an der Ecke rumbasteln, kann der Schnorchel des Luftfilters in eine Ecke verlegt werden, die weniger Staub und Dreck beschert und/oder die CDI-Boxen der Modelle bis einschl. 93 in Sicherheit gebracht werden.
Die Kabel zum Rücklicht sind (leider) um den sprichwörtlichen Zentimeter zu kurz, so dass zwischen die Hondaverkabelung und dem Acerbis-Rücklichtdraht noch ein Stück dazwischen gefummelt werden muss, oder man ersetzt die Acerbiskabel direkt komplett um ein längeres Stück.
Wird nun wieder die Originalsitzbank montiert entsteht eine unschöne Lücke zwischen Kotflügel und Bank. Wer bei 2-Personen Zulassung bleiben möchte, sollte diese Lücke mit einer Acerbis-Werkzeugtasche (# 0476 bei Büse) kaschieren.
Die radikalere Lösung heißt aber: Sitzbank kürzen und den Platz mit einer großen Endurotasche (z.B. die Pharao von Polo # 77061089) auffüllen. Diese ist übrigens stabil genug, um auch noch einen Packsack darauf unterzubringen. Für die dann fällige Umschreibung beim TÜV auf 1-Personenbetrieb müssen auch die Fußrasten abgebaut werden - schon wieder Gewicht gespart.
Die letzte Demontage, die noch 2 Kilo bringt, betrifft den evtl. vorhandenen Hauptständer. Die Transalp ist nun so leicht, das es keine Schwierigkeiten mehr bereitet, sie mit einer Hand auf dem Seitenständer so zu kippen, das das Hinterrad freisteht und die Kette gefettet werden kann. Weiterhin bietet der Alumotorschutz die notwendige Fläche, um die Maschine z.B. auf einer Wasser- oder Saftkiste aufzubocken, um größere Arbeiten vornehmen zu können. Wer braucht da noch einen Hauptständer?!
Der TÜV hat übrigens gegen die Umbauten keinerlei Bedenken (zumindest nicht der in Nürnberg!). Entscheidende Faktoren bei meinen beiden Vorführungen (2 Maschinen, beide auf Anhieb durch):
- Die Serien-Verkleidung der Transalp ist nicht eingetragen (kann und braucht entsprechend auch nicht ausgetragen zu werden). Da die Höchstgeschwindigkeit der Alp unter 200 km/h liegt, hatte der Prüfer auch keine Bedenken, das sich das Fahrverhalten durch das Fehlen der Verkleidung im Grenzbereich entscheidend ändern könnte (das ist aber schon wieder Auslegungssache und kann von Prüfer zu Prüfer variieren!).
- Die verwendeten Lampen (Scheinwerfer, Mini-Blinker, Rück- und Bremslicht) haben alle ein E4-Prüfzeichen und sind damit zulassungsfähig.
- Sofern die Sitzbank auf weniger als 60 cm gekürzt wird, muss ein 1-Personenzulassung erfolgen - dazu müssen Haltegriffe und Fußraster entfernt werden, damit sich wirklich niemand mehr draufsetzen kann (ziemlich albern, aber es ist so). Aber: Carlo hat z.B. solange mit seinem TÜV-Prüfer rumgefeilscht, bis er eine wahlweise 1 oder 2-Personenzulassung (!) in den Papieren stehen hatte. Sein Argument: 2. Sitzbank, die schnell getauscht werden kann, Fußraster werden bei Bedarf an- oder abmontiert. Auch hier gilt mehr Lust, Laune und Fachkompetenz der Prüfers als wirkliche Regeln.
- Der IMO kann als Einzelinstrument eingetragen werden. Wichtig ist, das die entsprechenden Cockpitlampen (Blinker, Fernlicht, usw.) vorhanden sind und die richtigen Farben haben.
Alles was Acerbis heißt wird fast automatisch durchgewunken, weil Splittergutachten usw. für deren Plaste vorliegen und auch der allerletzte Depp bei der Prüfstelle mit dem Namen Acerbis was anfangen kann. Für alle verwendeten Acerbis-Teile war keine Eintragung erforderlich. Bei gute gestaltetem Übergang (saubere Lackierung) wird z.B. auch der Blechkiste zwischen Lampenmaske und Gabel unterstellt, sie stamme von Acerbis und es gibt keine Nachfragen.
Die Kosten für den Umbau bleiben (mal abgesehen vom IMO, der zwar "nice-to-have", aber nicht wirklich "must" ist) einem mehr als erträglichen Rahmen, weil sich alle Neuteile durch den Verkauf der Verkleidung (je nach Zustand) gegenfinanzieren lassen. Wenn es rare Teile für die Alp gibt, dann (halbwegs) intakte Verkleidungen.
Kommentare:
Dirk
Wer ein Geländemoped möchte, sollte sich doch einfach eins kaufen. Alle Vorzüge der Transalp gehen doch durch dieses fragwürdige Verkleidungsstripping flöten...
Michael
Hallo Dirk,
welches Geländemotorrad der Kategorie "Honda XR/Suzuki DR/Yamaha TT" hat denn einen so langlebigen Zweizylinder wie die Transalp?
Die Transalp würde mich wegen des Motors schon reizen, aber "Reiseenduro" und die bauchige Verkleidung mit dem Rechteckscheinwerfer sind so gar nicht mein Ding. Deswegen finde ich solch einen Umbau großartig, er trifft genau meinen Geschmack. Vielleicht mache ich das tatsächlich mal, kaufe mir das passende Motorrad und baue mir daraus eine Enduro, so wie ich sie mag.
Martin
Das Bike gefällt mir gut. Ich würd auch gern so was machen, allerdings etwas bescheidener. Haupsache, die Verkleidung ist weg. Nun bin ich Schweizer und hab keine Ahnung, ob die MFK Gefallen daran hätte. Hat da jemand Tips oder Erfahrung?
Gruss, Martin
Jasmin
Toller Umbau! Preiswert und cool.
Geht für mich Richtung Scrambler.
Wenn's nicht sooo heftig ins Gelände gehen soll reicht m.M.n.
auch die Orig. Gabel.
Danke für das Posten und die viele Arbeit daduch!!!