Drei Männer, Emma und ich
Eigentlich wollte ich ja bereits am Samstag los Richtung Meran. Aber Emma bestand darauf, auch die zweite CDI noch getauscht zu bekommen. Gregor, unser Münchner Häuptling, hatte leider erst am Abend Zeit und brachte mir gleich noch eine Ersatz-CDI mit. Die haben wir aber glücklicherweise nicht gebraucht.
Also ging es erst am Sonntag auf in die Alpen. Gleich um 9.00h sind wir gestartet und hatten eine herrliche Aussicht auf bestes Wetter. Laut ADAC waren sämtliche Pässe noch oder wieder geschlossen. Doch unsere erste Bewährung lauerte ja bereits kurz vor Wolfratshausen. Und die drei Kehren waren einfach herrlich. Meine Laune stieg noch mehr. Kurz vor Penzberg fiel es mir dann auf. Es ist Sonntag und ich fahre direkt auf den Kesselberg zu. Also abgebogen und auf kleinen Strecken Richtung Partenkirchen. Ein kurzes Stück Autobahn hab ich Emma dann auch noch zugemutet, um auch die Seite einmal kennenzulernen. Wahnsinn! Mit 150km/h auf dem Motorrad über die Bahn! Erinnerungen an die gequälten Momente von Nicky werden in mir wach. Das braucht er nun nicht mehr.
In Seefeld dann die erste Pause. Bei einem Kaffee muß ich immer wieder feststellen: Ist Emma nicht das schönste Motorrad der Welt? Okay, es liegt wohl daran, daß für mich ein Traum in Erfüllung gegangen ist. Die ersten Photos werden gemacht. Und dann geht es den Zirler Berg hinunter nach Innsbruck. Immer wieder schwelge ich mit Emma in den Kurven. Selbst auf der Strecke Zirl Ð Innsbruck stört kein Verkehr unseren Walzertanz. In Innsbruck sehe ich eine alte Maschine vor mir und höre, wie der Fahrer einen Innsbrucker fragt, wie er zum Brenner kommt. Ich überhole ihn und winke ihn hinter mir her. An der nächsten Ampel macht er den Vorschlag einer Zigarettenpause. Wir düsen die Kurven hinter Innsbruck hoch, machen noch ein paar Schlenker mehr und finden dann ein Restaurant, das aber geschlossen hat. Doch schließlich ist der Parkplatz bestens geeignet für eine Zigarettenpause.
Dumm nur, daß er geschottert ist und dumm, daß die Sitzbank noch Originalhöhe hat. Hier bekomm ich Emma allein nicht weg. Aber ich bin ja nicht allein. Mein Tender heißt Peter, kommt aus Immenstadt, fährt eine 22 Jahre alte Moto Guzzi T3 (für die Profis unter Euch ) und will zum Kalterer See. Ich muß lachen: Da haben wir ja fast den gleichen Weg. Schließlich will ich ja nach Meran. Er meint, ob ich immer fremde Männer ansprechen würde. Fremde Männer nicht unbedingt, aber Biker, die ihren Weg nicht finden, spreche ich schon an. Peter schiebt mir die Emma auf den Asphalt zurück und findet sie wirklich sehr hoch. Doch wir machen uns jetzt erstmal wieder auf den Weg. Der Brenner liegt direkt vor uns.
Auf der Strecke ist hinter uns plötzlich ein Motorrad-Gendarm. Er drängt sich zwischen uns und ich weiß nicht, ob er nun überholen will oder nicht. Er tanzt in meinem Rückspiegel hin und her und macht mich ganz fuchsig. Ich würd den Wagen vor mir gern überholen. Doch jedes Mal, wenn ich in den Spiegel schau, denk ich, daß er auch überholen will. Er hat es dann endlich auch gemacht. Und wir hängen uns hintenan. Oben am Brenner angekommen, meint Peter: "Du fährst wie Sau!" Doch er meinte das in durchaus positiven Sinne. Leider mußte er dann noch hinten anhängen: "Für eine Frau wirklich nicht schlecht!" Fahren Frauen schlecht? Außerdem ist es ja ein Traum, Emma über die Alpen zu jagen. Immerhin heißt sie Transalp...
In Gossensass machen wir Rast an seinem Lieblingscaf. Leider waren wir für seinen heißgeliebten Apfelstrudel zu früh dran. Wir tauschen Adressen aus, weil Peter sich auf die Bahn schwingen will, damit er nicht zu spät bei seinen Freunden am Kalterer See ankommt. Ich hab Zeit und brauche erst um 17.00h in Meran sein. Ich verspreche ihm noch hoch und heilig, sechs meiner Aufkleber für den MotoGuzzi-Club zu machen und er sagt, ich solle mich melden. Wir könnten doch am Montag eine gemeinsame Runde drehen. Anschließend fahren wir unsere getrennten Wege. Die Italiener auf ihren Rennmaschinen machen mich auf dem Rest des Weges halb wahnsinnig. Urplötzlich hast Du da auf einmal so einen Helm am Knie und der Besitzer zieht haarscharf an Deiner Maschine vorbei.... stöhn Ankunft in Meran glücklich und zufrieden um 15.00h.
Um 17.00h ist dann großes Wiedersehen und erstmal Erzählen angesagt. Abends im Bett gehen die SMS zwischen den Allgäuern und mir hin und her. Die Drei sind zwischenzeitlich zum Idrosee vorgedrungen. Trotzdem: Am nächsten Morgen beim Aufwachen ist mir klar: Ich fahr zum Idrosee und eine Runde mit den Jungs. Um 13.00h wollen wir uns dort am Eiscaf treffen. Raus aus den Federn, Karte sortiert und rauf auf Emma. Über die MeBo und die Autobahn fahren wir bis Trento, von dort geht es auf kleinen Straßen weiter Richtung Riva. Doch fast direkt hinter der Abfahrt wartet der große Schock: Stehender Verkehr! Verdammter Mist, und ich bin schon so spät dran. Also fliegt gleich wieder eine SMS an den Idrosee: Steck im Stau, weder vor noch zurück... Nach einer Viertelstunde - glücklicherweise im Schatten - gehts endlich weiter. Doch der Verkehr am Montag hier in den Bergen ist erstaunlich und hält mich noch mehr auf. Bis ich endlich am Idrosee ankomme, habe ich mich noch dreimal verfahren. Ich bin völllig erschlagen. Die Jungs freuen sich, daß ich endlich da bin und meinen: Prima, dann können wir ja los. Ich sinke erstmal in den Stuhl und lechze nach einer Cola. Sind die etwa wahnsinnig? Doch sie sind gnädig und gönnen mir eine Viertelstunde Rast.
Dann gehts los. Die Moto Guzzi mit Peter, die 900er Monster mit Reinhard, die 750er Monster mit Andreas und das schönste Motorrad der Welt, Emma, mit mir. Wir fahren traumhafte kleine kurvige Straßen Richtung Gardasee. Die Jungs sind begeistert, daß ich so gut mit ihnen mithalte und ich frage mich gerade mal wieder, was ich so anders mache als andere Frauen. Ist ja auch egal. Bei der ersten Pause fanden wir es aber alle schade, daß der ODE-Fahrer offensichtlich so weit zurück war, daß er nicht mehr sehen konnte, wer da so an ihm vorbeigerauscht ist. Am Gardasee fahren wir die Uferstrecke entlang bis Limone. Hinter Limone ist die Straße gesperrt. Wir müssen die Fähre Richtung Riva nehmen. Endlich gibt es wieder eine richtige Erholung für mich. Ich bin ja davon überzeugt, die Jungs wollten mich fertig machen. Haben sie auch fast geschafft. In Limone steht übrigens fest, daß ich es an dem Tag nicht mehr bis Meran schaffen werde. Kurzer Anruf bei den Freunden, damit sie Bescheid wissen und sich keine Sorgen machen. Da haben die Jungs dann erstmal was zum Diskutieren. Drei Männer und eine Frau... Wer übernachtet bei wem Ð und warum gerade der?
Im ersten Ort finden wir gar kein Zimmer. Alles ist belegt von Radrennfahrern. Wir müssen weiter. Dabei macht das Fahren im Regen doch nun gar keinen Spaß. Zur Belohnung finden wir ein beispielloses Gasthaus. Der Pub Da Giorgio befindet sich in Iavr direkt an der Straße und bezeichnet sich als "Gasthaus für den Biker und seine Rakete". Reinhard und Peter fragen nach Zimmern und kommen begeistert zurück. Die ganze Kneipe ist ein einziges Museum voller Krimskrams, angefangen beim Schraubenzieher über Zahnarztwerkzeug und Tierfallen bis hin zur Wehrmachtsuniform. Insgesamt sind es über 4.000 Stücke, die Giorgio in über 20 Jahren zusammengesucht hat und dort nun aufbewahrt. Die Zimmer sind absolut in Ordnung und kosten 50.000 LIT pro Person und Nacht, übrigens inklusive einer Nudelmahlzeit am Abend und Frühstück. Das Beste jedoch, worüber wir noch heute lachen, ist die Frage von Giorgio: "Wer will mit der Frau schlafen?" Naja, wenn es ums Wollen ginge....
Giorgio holte noch seinen Wagen aus der Garage, damit wir unsere Bikes dort unterbringen konnten, und verschwand dann gleich in der Küche, um das Essen vorzubereiten. Abends haben wir noch bis spät zusammengesessen und uns über den herrlichen Tag unterhalten. Wir haben uns phantastisch verstanden und paßten auch zum Biken prima zusammen. Wie gut die drei mich aufgenommen haben, zeigt sicher der Satz von Andreas, als er von mir Feuer haben wollte und sagte: "Gib er mir Feuer!" Er hat aber gleich gemerkt, daß da was nicht ganz stimmen konnte. Ich hab es als Kompliment gesehen, daß ich einfach ein toller Kumpel bin. Am nächsten Morgen war um 7.30h Wecken. Die Jungs hatten schließlich noch eine lange Strecke bis nach Hause vor sich. Um 8.00h gab es Frühstück. Natürlich gingen ein paar Anspielungen in die Richtung von Peter und mir. Aber wir haben geschickt gekontert. Um 9.00h saßen wir wieder auf unseren Moppeds und fuhren die nassen Straßen entlang. Die Stimmung war aber trotzdem gigantisch. Als die Straßen wieder trocken waren, war es ein herrliches Fahren.
Am Gampenpaß hatten wir, genauer die Duc-Treiber, eine Viper oder so etwas ähnliches vor sich. Bei der Rast oben auf dem Paß war ja selbstverständlich, daß sie, wenn sie nur gewollt hätten, die Viper hätten stehen lassen können. Männer! Bis Marling sind wir dann noch gemeinsam gefahren. Ich hab die Jungs noch vor der MeBo gerettet. Als es dann rechts zum Reschen ging, hieß es Abschied nehmen. Doch wir werden sicher bald wieder ein oder zwei gemeinsame Runden drehen. Ich fuhr zu meinen Freunden, hab mich eine Stunde auf der Sonnenterasse ausgeruht und bin anschließend noch die Hafling-Runde gefahren. Auf der Strecke hab ich einen GS-Fahrer eingeholt, der entweder die Strecke oder sein Motorrad noch nicht kannte. Nachdem ich ihn überholt hatte, konnte er dann auch richtig fahren und ließ sich nicht mehr von mir abhängen. Nach einem tiefen und erholsamen Schlaf hab ich dann die Kette spannen wollen, brachte aber die Schraube der Achse nicht auf. Ich bin dann zu einer Motorradwerkstatt gefahren und hab mir die ganze Arbeit für 5.000 LIT abnehmen lassen.
Anschließend bin ich Richtung Eggental Ð Deutschnofen Ð Lavaz-Joch gefahren und hab auf 1.800m Höhe noch ganz schön gefroren. Die Abfahrt war nicht ganz so schön, weil die Strecke noch vom Splitt des Winters zugeschüttet war. Da hieß es hochkonzentriert und vorsichtig fahren. Abends bin ich mit meinen Freunden Essen gegangen, um mich für die Gastfreundschaft zu bedanken. Am nächsten Morgen sah es vom Wetter her nicht so berauschend aus und auch für den nächsten Tag haben sie es nicht besser angesagt. Da hab ich schnell meine Sachen zusammengepackt und bin vor dem Regen hergefahren.
Nun sind Emma und ich wieder daheim und haben wundervolle 1.200km hinter uns gebracht und wenn ich mich nicht verrechnet habe, hat Emma etwa 4,6l/100km gebraucht. Ich glaube, das ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft...