Kikis Reisetagebuch

Maroc Challenge 2000

19.12.1999

Sonntag morgen 6.00 Uhr. Pünktlich geht’s los. Es ist ziemlich kalt in Deutschland und wir freuen uns alle auf die Sonne. In Belgien heisst`s dann erst mal: Schnee, Nebel und Autobahn nicht geräumt. Bis Südfrankreich sehen wir einige Unfälle, verursacht durch das schlechte Wetter. Wir sind froh, bis dahin erst einmal gut durchgekommen zu sein. Erste Übernachtung (zw. Narbonne und Perpignan).

20.12.1999

Die Fahrt durch Spanien zieht sich. Mit dem Anhänger können wir nicht schneller als 120 km/h. In den Bergen schafft der Volvo mit 3 Motorrädern hintendran gerade mal 80 km/h und nach etlichen Stunden ist das Meer nur noch langweilig. Südspanien besteht aus einem einzigen Gewächshaus und ich beschliesse, nie mehr Obst und Gemüse aus Spanien zu kaufen. Grausig ist der Anblick dieser künstlich hochgeputschten Massenproduktion. In Mortil finden wir den vom ADAC empfohlenen Campingplatz "Don Cactus". Schnell ist klargemacht, dass wir das Auto samt Hänger 13 Tage dort stehen lassen. Rucki-zucki die Motorräder abgerödelt, Zelt aufgebaut und morgen......... endlich .......... Maroc.

21.12.1999

10.00 Uhr sind wir dann unterwegs zur Fähre. 230 Km ca. sind es bis Algeciras. Den Fels von Gibraltar kann man aber schon ab Estepona sehen - Juchuuuuh -, da drüben ist Afrika.......... Bereits auf der Fähre haben wir den Verdacht, dass da schon alles marokkanisch angeraucht ist, werden wir doch abschätzend angeschaut, als wir zu Tageszeiten genüsslich ein Sandwich verschlingen. Zur Zeit ist in den islamischen Ländern Ramadan und der Koran verbietet es, zwischen Sonnenauf- und untergang zu essen oder zu trinken bzw. sich anderen weltlichen Genüssen zuzuwenden.

Spätestens gegen 17.00 Uhr, als wir den Hafen von Tanger einlaufen, sind wir uns sicher: "Dieses Schiff befindet sich in marokkanischer Hand. Kaum, dass wir den Hafen sehen, beeilen wir uns mit typisch deutscher Mentalität, unsere Plörren zu raffen und in den unteren Teil des Schiffes zu rennen, um schnell genug bei den Motorrädern zu sein, um bloss keine Sekunde zu spät die Abfahrt zu verpassen. Ich könnte mich jetzt noch totlachen, wenn ich daran denke, wie diese nette Schiffs-Stewardess uns erklärt, dass zur Zeit Ramadan sei und gerade die Sonne untergegangen ist und wir uns jetzt leider noch etwas gedulden müssten. Jetzt würde erst einmal gespeisst und so lange würde die Luke halt noch zu bleiben. Nach geduldigem Warten verlassen wir gegen 18.30 Uhr die Fähre.

Eine Stunde Zoll planen wir ein, woraus dann fast zwei Stunden wurden. Alles ist neu und fremd und trotz guter Vorbereitung sind wir ziemlich unsicher, als uns scheinbar irgendwelche Zivilisten auffodern unsere Pässe rauszugeben. Irgendwie gehören die aber alle zum Zoll und wir finden heraus, dass wir folgende Papiere benötigen: Einreiseformulare, Ausreiseformulare, einen Schein für das Fahrzeug, den wir dann bei künftigen Kontrollen immer vorlegen müssen. Nachdem dann eine Menge "Bakschisch" hin- und hergeflossen ist, bekommen wir endlich die nötigen Formulare und stellen fest, dass wir von allen Fahrgästen als letzte Gruppe den Zoll verlassen.

Der Weg durch Tanger vollendet dann den ersten Alptraum schlechthin. An keiner Kreuzung, Ampel etc. kann man anhalten, ohne dass man von allen Seiten am Ärmel gezupft, von irgendwelchen dubiosen Geschäftemachern angequatscht und zugelabert wird. Die Stadt selbst erstickt im Smog und ich denke nur noch: "Wäre ich doch schon wieder zu Hause." .......... Hilfe ........

Aus der Stadt endlich heraus, stellen wir zu unserer Bestürzung fest, dass wir nun im Dunkeln zu unseren Zielort, Asilah, gelangen müssen. Nachtfahrten in Marokko sind nicht empfehlenswert, dass wissen wir. Neben unvorhersehbaren Schlaglöchern gibt’s noch Hunde, und die völlig unmotiviert über die Straße trotten, parkende, unbeleuchtete Autos ..... ja, und auch fahrende Licht wird hier, glaube ich, nur bei Nebel eingeschaltet. Zitat von Peter: " Nur Sicherheitsfanatiker schalten hier Standlicht ein, Abblendlicht ist hier wohl Energieverschwendung."

Wir schleichen also dahin und kommen irgendwann spät abends an. Unser erstes Hotel ist ganz nett (und so belebt), allerdings ohne Heizung. Im Restaurant unten herrscht Durchzug bei um die 0 Grad und die Grippe ist mir sicher. Ausser mir scheint sonst keiner zu frieren.

22.12.1999

Durch wunderschöne Landschaften, alles ist hier grün und üppig, fahren wir nach Meknes, wo wir eigentlich übernachten und die Medina besichtigen wollen. Dort angekommen, ersticke ich fast im Smog und das im Reiseführer empfohlene Hotel wirkt auf mich wie ne billige Absteige. Bitte, bitte weiter............

Also brechen wir doch noch auf in`s moderne und marokkountypische Ifrane, ca 80 km weiter. Auf dem Weg dorthin erlebe ich meinen ersten afrikanischen Sonnenuntergang. Der Himmel schimmert in Farben, von denen ich bisher nur geträumt habe und irgendwo am Horizont geht ein riesiger gelber Mond auf. In den nächsten zwei Wochen erlebe ich noch viele von diesen phantastischen Sonnenuntergängen, aber der erste war wirklich der schönste. Die Farben des Himmels, die man weder beschreiben noch auf einem Film oder Foto festhalten kann, bleiben fest in meiner Erinnerung verankert.

In der Dunkelheit erreichen wir dann Ifrane, der 1600 m hoch gelegene Nobel-Ski-Ort von Marokko. Hier verkehrt in der Regel nur die High-Society Marokkos oder eben ausländ. Ski-Touristen. Für uns ist das nicht weiter interessant.

23.12.1999

Früh morgens die Mopeds wieder aufgerödelt und bei etwas frostigen Temperaturen wieder aufgebrochen. Eigentlich wollen wir heute schon die Cascade d`Ouzoud erreichen, doch nach etwas trödeliger Fahrt beschliessen wir, einen im Reiseführer empfohlenen Campingplatz anzusteuern, der etwas eher zu erreichen ist. Diesmal handeln wir den Preis sofort aus: 100 DA für alle und alles zusammen und heisse Duschen. Wir schauen uns ungläubig an und schon stellt sich heraus, na ja, bei den Duschen gibt`s einen klitze-kleinen Haken. In besagtem Duschhaus leben noch so nebenbei ein paar Marokkaner, was aber gar kein Problem sei, man müsse sich halt einfach nicht daran stören. Also inspizieren wir erst einmal besagtes Häuschen: Es befindet sich in einem furchtbaren Zustand. Dusche und WC sind nicht nur völlig verdreckt, sondern auch sehr belebt.

Die verarmten Menschen dort hausen auf dem blanken Estrich und ihre einzige Wärmequelle ist ein offenes Feuer vor dem Haus. Schnell beschliessen wir, auf`s Duschen zu verzichten und sonstige Gänge in der Botanik zu verrichten (natürlich im Dunkeln mit Angst, die nächste Schlange könnte einen in den Hintern zwicken).

Ein Miracoli-Menue am Lagerfeuer bekommen wir noch geregelt und mit dem heissen Nudelwasser waschen wir das Geschirr, so geht schliesslich "Wild-Campen". Bevor wir denn doch anfangen zu frieren, gehen wir um 19.30 Uhr ab in die Koje und Licht aus (Batt. sparen). Nach einer halben Stunde dann das erste Rascheln. "Ob da schon jemand unsere Klamotten durchsucht?" Womöglich schon die Koffer abgebaut? Nein, es war nur Peter, der noch Tagebuch schreibt und mit der Karte rumknittert. Etwas unruhig schlafe ich schliesslich ein und träume von meiner etwas abgespeckten Transalp: Sturz- und Gepäckbügel abgebaut, geputzt und .......... bereits mit marokkanischem Kennzeichen versehen ....... (schon überführt!). Schweissgebadet wache ich auf, um glücklich festzustellen, meiner Alp ist kein Haar gekrümmt worden.

24.12.1999

Raus aus den Federn, Zelt abgebaut, Moped aufgerödelt und während die anderen noch rumrödeln laufe ich mich schon mal warm. Peter hat Langeweile (weil auch schon fertig) und filmt mich dabei. Dokumentarisch halten wir fest, dass Weihnachten ist und wir nun alle friedlich sind ........

Endlich Aufbruch zu den Cascade d`Ouzoud, den wohl schönsten und höchsten Wasserfällen Marokkos. Kaum dort angekommen, werden wir von wild gestikulierenden Männern in Empfang genommen und eingewiesen. Innerhalb 3 Sek. erfahren wir: Dort ist der Parkplatz, für den wir natürlich ein Paar DH`s locker machen müssen und daneben steht schon gleich der Führer, welcher uns durch die Wasserfälle führen wird. Die Wasserfälle sind von hier aus nur noch zu Fuss zu erreichen. Von oben gesehen schon ein atemberaubender Anblick, den Regenbogen gleich incl.. Von unten gesehen kann man dann die Wasserfälle in ihrer vollen Pracht und Grösse bewundern und sich von der "Titanic" über`s Wasser schippern lassen. Allerdings dürfen nicht mehr als drei Personen die "Titanic" betreten, da sie sonst sinkt. Da wir zu 4`t sind, beschliesst Peter zu warten und dokumentiert mit der Filmkamera: "Einer muss ja schliesslich die Familien benachrichtigen." Der Rundgang bringt mich ganz schön in`s Schwitzen und für die Weiterfahrt wage ich es sogar, mich meiner Regenjacke, meiner Sturmhaube und meiner Samthandschuhe zu entledigen. Vorher müssen wir unseren selbsternannten Führer noch kräftig runterhandeln. Man sollte den Preis eben immer schon vorher festmachen.

Weiter geht`s Richtung Marrakech und Gott sei Dank habe ich ja noch das Futter in der Jacke und meine Heizgriffe.......... Nur so viel zum Thema "Hitze in Marokko." Eine ganze Weile nun fahren wir parallel zum Hohen-Atlas und können dabei die schneebedeckten Gipfel beobachten, mit der Gewissheit, da auch bald drüber zu müssen.

Mit der Abendsonne kommen wir in Marrakech an und sind von der ersten Stunde an angetan. Hier ist nichts zu spüren von den Abgasen und hässlichen Bauten wie in den anderen Städten. Alles ist leicht bezaubernd, ruhig und doch unheimlich pulsierend. Eine Stadt voller Gegensätze. Wir sind uns sofort einig, noch einen Tag dranzuhängen. Abends laufen wir natürlich erst einmal zum Place Djemaâ El Fna, wo ein buntes Treiben herrscht, welches kaum zu beschreiben ist. Ich vermute, dass durch den Ramadan alles noch viel lebendiger ist, denn während dieser Zeit findet das gesellige Leben abends statt. Völlig berauscht von all den Eindrücken und Geräuschen, taumel ich nur so über den Platz. Alles ist hier zu erleben: Märchenerzähler, Schlangenbeschwörer, Gauner und Gaukler, Wahrsager und Tänzer. Morgens in der Früh lauschen nur Marokkaner den Märchenerzählern. Ein alter Brauch für all die Menschen, die weder lesen noch schreiben können. Er bietet ihnen die Möglichkeit, aus der Welt zu erfahren und ihrem Alltag zu entfliehen. Selbst, wenn man nicht`s verstehen kann, ist man fasziniert von den lauschenden Menschen und der Mimik und Ausdruckskraft der Erzähler. All diese Eindrücke auf sich wirken zu lassen, ist ein besonderes Erlebnis.

Am Abend weichen die Schlangenbeschwörer, Akrobaten und Märchenerzähler. Es entstehen dann alle möglichen Buden mit Tischen und Bänken. Cous-Cous kann man hier wunderbar verzehren. Allerdings gibt`s auch sehr exotische Gerichte wie Hammel oder Ziegenköpfe, Kröten und ähnliches Getier, welches ich nie runterkriegen würde. Peter und Andreas futtern sich so durch den Stand, ich bleibe lieber bei Pfefferminztee und grinse mir einen, doch Montezumas Rache bleibt aus.

Tagsüber ist das hier mit dem Essen so eine Sache. Wegen des Ramadans gibt es die frischen Sachen nur abends, also essen wir täglich altes Brot mit Schmierkäse und Ketchup. (Inzwischen wissen die anderen meine Ketchupflasche sehr zu schätzen, bin ich doch vorher belächelt worden). Wir suchen uns immer abgelegene Orte zum speisen, um damit nicht in der Öffentlichkeit aufzufallen. Trotz alledem ist es fast unmöglich, ungestört zu bleiben. In der einsamsten Gegend, wo vorher keiner zu sehen war, kommen sie plötzlich aus allen Richtungen angerannt, was natürlich auch sehr hinderlich ist, wenn man mal Pipi muss .......... Trotz dieser unendlich weiten Landschaft muss das hier ein sehr dicht besiedeltes Land sein.

25.12.1999

Heute ziehen wir schon früh los und schlendern stundenlang durch die Suqs von Marrakech, der wohl berühmteste arabische Markt Marokkos. Hier ist alles zu finden, gestenreiche Händler, quirliges Treiben, betörende Düfte und sprühende Farben. Mit Kompass und Reiseführer unter dem Arm schaffen wir es, ohne Fremdenführer hindurch zu finden. Etwas in der Zeit zurückversetzt fühlt man sich in den Handwerksvierteln. Mit den einfachsten Mitteln wird hier gewerkelt und jedes kleine Stückchen Abfall, sei es noch so verrostet, wird weiterverarbeitet. Bei den Schlossern lassen wir Peters Ersatztank verkleinern, da der ständig auf der Schwinge aufsetzt. Eine ¾ Stunde ca wird getrennt, geschweisst und dann wieder geschliffen und sie geben sich wirklich alle Mühe, mit dem dürftigen Werkzeug eine gute Arbeit zu leisten. Anschliessend noch das Ritual des Handelns. Zufrieden mit Preis und Arbeit schlendern wir weiter.

Nachdem Peter noch ausgiebig bei den Tischlern reinschaut, lass ich es mir natürlich nicht nehmen, die Friseure zu inspizieren. In`s Mittelalter versetzt fühle ich mich, als ich ein Schild mit der Aufschrift entdecke: "Coiffeur, Dentiste, Medicine". Heute sind wir ja - nur noch - Seelenklemptner, aber früher waren wir richtig wichtig. Neben Haare schneiden führten wir auch ärztliche Behandlungen durch, verabreichten Medizin und zogen Zähne. Ja, das waren noch Zeiten.........

Gegen Mittag legen wir eine Pause ein und beschliessen, eine der umliegenden Dachterassen-Lokalität aufzusuchen, von welcher man einen herrlichen Blick auf den Place Djemaâ El Fna geniessen kann. Ausnahmsweise speisen wir in der Öffentlichkeit, denn hier darf man nicht sitzen, ohne was zu verzehren. Ja, wenn`s um`s liebe Geld geht ist der Glaube eben nebensächlich.

Ein bisschen ruhen wir uns noch im Hotel aus und gegen abend dann wieder rein in`s volle Geschehen. Ich weiss jetzt genau, was ich noch als Mitbringsel haben will: Eine Aladin-Lampe, eine Teekanne, Gewürze und Gewürzschälchen. Also wollen wir das Ritual des Handelns noch mal ausprobieren. Am Vorabend hatte ich es noch nicht so raus und habe mich leicht übervorteilen lassen. Diesmal soll das natürlich anders sein, besonders, da ich mich heute nachmittag schon wieder habe über`s Ohr hauen lassen. Nachdem ich meine Gewürze stolz runtergehandelt habe, lese ich vorsichtshalber noch einmal im Reiseführer nach und stelle bestürzt fest, dass ich fast das Doppelte des dort angegebenen Preises bezahlt habe. Na ja, denke ich "kann man ja nur draus lernen." Die anderen lachen sich tot.

Vorsichtshalber lasse ich nun erst mal Peter den Vortritt und siehe da, er hat den Bogen raus. Schliesslich lasse ich mir von ihm helfen und ab jetzt treten wir immer zu zweit auf. Das Ritual läuft immer gleich ab: Zunächst einmal völlig uninteressiert den Laden betreten, dann gibt`s erst einmal das Begrüssungsgerede, schliesslich bekundet man halt doch an besagtem Gegenstand Interesse. Dann kommt erst das Angebot des Händlers, wir drehen uns empört um, "so viel?", nein danke, ein Bruchteil dessen vielleicht, viel zu teuer, tschüss. Händler: Riesengrosses Gejammer, alles so teuer, Miete ect.. Wir machen ein Angebot, das 75% unter dem Preis liegt. Als der Händler auf das Gebot nicht eingeht, ziehe ich Peter aus dem Laden, mit viel Gerede natürlich. Selbstverständlich gehen wir so langsam weiter, dass der Händler uns noch einholen kann. Das zieht! Er kommt uns hinterhergelaufen und ist plötzlich einverstanden mit dem Preis. Alle Gesichter lachen wieder, das Geschäft steht.

Jetzt fängt das Feilschen an richtig Spass zu machen und wir geraten regelrecht in einen Kaufrausch, der allerdings durch unser geringes Gepäckvolumen gebremst wird ........ schade. Im Gegensatz zur Aussage des Reiseführers muss man auch bei Hotel und Lebensmitteln handeln, denn als Tourist sofort erkannt, wittert jeder Marokkaner sein Geschäft. Glücklich und zufrieden, all die Mitbringsel im Gepäck, schlafe ich ein, noch völlig berauscht von den Erlebnissen der letzten zwei Tage.

26.12.1999

Völlig vermumt, sodass man es kaum noch toppen könnte, brechen wir auf - Richtung Ouarzazate. Zunächst aber müssen wir über den Tizi-n-Tichka im Atlasgebirge. Mir sitzt die Angst im Nacken, denn die schneebedeckten Gipfel können wir schon seit Tagen bewundern und dementsprechend sind aber meine Erwartungen. Gott sei Dank bleiben wir aber vom Schnee verschont. Nur einmal bin ich (durch Gegenverkehr) gezwungen, über eine eisbedeckte Fläche zu fahren. Ohne zu bremsen oder beschleunigen, gleite ich darüber und komme sofort in`s rutschen. Mein Reifen packt aber  wieder rechtzeitig und nichts passiert, ausser das mein Herz in paar Stösse lang aussetzt und anschliessend etwas schneller schlägt. Jetzt ist mir endlich warm. Meine Geschwindigkeit allderdings halbiert sich, denn vor jedem Schattenfleck sitzt mir die Angst im Nacken. Abends muss ich mir anhören, wie ich denn rumgeeiert bin. Mein neuer Spitzname, "schleichende Mumie." Interessant ist die Fahrt über den Atlas. Eine bis dahin recht üppige Landschaft verwandelt sich langsam in eine wüstenähnliche. Ouarzazate ist eine kleine Oase. Geplant sind hier 2 Tage, denn morgen wollen wir unser Gepäck zurücklassen und eine Tour mit Schottereinlage machen. Wieder einmal steht als Übernachtungsmöglichkeit ein Hotel zur Verfügung. Mir ist inzwischen egal ob billig oder teuer, Hauptsache geheizt!!!!

Wir entscheiden uns für ein 4-Sterne-Luxux-Hotel (man gönnt sich ja sonst nichts), wo allerdings schon gleich am nächsten Tag das heisse Wasser ausfällt und tagsüber gehämmert und bebohrt wird. Von der vermeintlich guten Hotelküche bekommen die ersten schon leichte Magen-Darmbeschwerden, trotzdem fahren wir am nächsten Tag die Tour. Ich entschliesse mich, einen Tag auszusetzen, denn meine Erkältung erreicht gerade ihren Höhepunkt und ich fühle mich ziemlich schlapp. Da noch den ganzen Tag Staub schlucken, nee danke.

27.12.1999

Mein Gammeltag, an dem ich erstmal meine ganzen Postkarten schreibe und noch ein bisschen im Reiseführer schmöker. Ein Stündchen will ich mich hinlegen und als ich wieder wach werde, stelle ich fest, dass ich den ganzen Tag verpennt habe (Schlaf ist halt das beste Heilmittel).

28.12.1999

Über die Strasse der Kasbahs (Wohnburgen) gelangen wir nach Tinerhir. Landschaftlich sehr schön gestaltet sich das Tal des Dades, das sich flussaufwärts in den berühmten Gorges du Dades fortsetzt. Architektur und Landschaft stehen hier in schönem Einklang. Als Baumaterial dient hier einheimischer Lehmboden. Der Campingplatz in Tinerhir ist wunderschön gelegen, mitten in einer Oase unter Palmen. Typisch afrikanisches Getrommel gibt`s bis spät in die Nacht gratis dazu. Zwei Nächte hier waren gplant, doch schon in der ersten Nacht stellt sich bei mir Montezumas Rache ein. Zwei volle Tage verweigere ich jede Art von Nahrung. Unter den hiesigen Bedingungen Durchfall zu haben, ist gerade für eine Frau nicht sehr amused.

Am dritten Tag wollen wir eigentlich Richtung Erg-Chebbi (30.12.) aufbrechen, aber ich bin einfach nicht fit genug.

31.12.1999

Bevor man mich gnadenlos mit dem ADAC nach Hause schickt, rappel ich mich lieber auf und verspreche, bis zur Fähre durchzuhalten. Ein deutsches Päarchen erzählt uns, es habe in Erfoud einen schweren Sandsturm gegeben und die Pisten zum Erg-Chebbi seien nur noch an den Trafo-Masten zu erkennen. Da es wenig Sinn macht, sich für eine Nacht dorthin zu quälen und ich auch nicht gut drauf bin, schlagen wir gleich den Heimweg ein. In Midelt mieten wir uns in einer Kasbah ein, wo es abends einen typisch orientalischen Abend gibt mit Bauchtanz, Folkloregesang und ausreichendem Menue. So feiern wir den Jahreswechsel etwas anders als geplant, aber auch schön. Gegen 23.45 Uhr wecken mich die anderen, damit ich wenigstens den Jahreswechsel nicht auch noch verpenne.

Gespannt warten wir auf 24.00 Uhr und plötzlich: Der Strom fällt aus ..... und geht wieder an und fällt wieder aus. Na prima, die erste Jahrtausendpanne. Nein, es war lediglich ein kleiner Scherz des Hotels.

01.01.2000 + 02.01.2000

Zwei Tage verbringen wir noch in Fes (ich im Bett). Die anderen nehmen sich einen offiziellen Führer und bekommen eine Menge zu sehen. Abends lausche ich neidisch ihren Erzählungen.

03.01.2000

Die letzte Nacht in Marokko verbringen wir in Tetouan, wo wir auch an einem, dem Hotel gegenüberliegenden Keramikstand unsere letzten DH`s verbraten. Geld darf nicht ausgeführt werden. Meine allerletzten DH`s schenke ich dem Jungen, der dort verkauft. Das strahlende Gesicht des Jungen nehme ich für immer mit nach Hause.

Diesmal brauche wir, ohne Bakschisch , eine halbe Stunde für den Zoll. Tja, man hat eben dazugelernt.

Zusammenfassend kann ich Marokko als ein für Europäer schwieriges, aber eindrucksvolles Land beschreiben. Es ist voller Gegensätzlichkeiten:

  • Die freundlichen Menschen stehen im Gegensatz zu den Geschäftemachern,
  • Die Armut des Landes zu dem Reichtum der Königsstädte mit ihren Medinas,
  • üppige Landschaft mit Bergen wie in den Alpen - zur Wüste
  • das Landesritual zu den eigentlich doch festgesetzten Preisen und
  • das Volk ist trotz Armut und vieler Analphabeten sehr sprachbegabt.

Nie vergessen werde ich die Geschichtenerzähler von Marrakech. Als wandelnde Geschichtsbücher, Lügner, Wahrsager und Volksaufwiegler verdammen sie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zur völligen Bedeutungslosigkeit. Man lauscht gespannt, auch wenn man ihrer arabischen Sprache nicht mächtig ist und fühlt sich der Wirklichkeit entrückt.

Vielleicht habe ich es jetzt auch, das Mal d`Afrique.