Bericht zum Ostertreffen 2001

Der Berliner Transalp-Stammtisch hatte zum Ostertreffen geladen und viele folgten dem Ruf, der uns nach Zielow, an die Mecklenburgische Seenplatte, führte. Irgendjemand hatte allerdings seinen Teller nicht ganz leer gegessen, weshalb die Temperaturen mal unter und mal über der Null Grad Marke pendelten. Dies, und die Tatsache, dass ich stolze 850 km bis zum Ziel hatte, bewogen mich weicheimäßig mit dem Hänger anzureisen und mich dem Spott der echten Alper auszusetzen, die sich allerdings schon recht bald um eine Mitfahrgelegenheit für die Rückreise bewerben sollten.

Ich schlug also am Donnerstag Abend in Zielow auf und genoss, trotz beheizter Anfahrt, die heiße Erbsensuppe, die in der Juhe serviert wurde. Der heiße Magen wurde dann mit Lübzer Pils wieder gekühlt und bis in die Puppen die Roadbooks besprochen und Benzin geredet. Ondolf erinnerte an das tragische Unglück beim letztjährigen Ostertreffen und ermahnte uns zu umsichtiger Fahrweise. Gerade Mecklenburg-Vorpommern hat die schlechteste Unfallstatistik in ganz Deutschland, die zahlreichen Kreuze an den Straßenrändern erinnern ständig daran. Spät in der Nacht noch trafen einige Leute ein und Sabrina organisierte für alle noch eine warme Mahlzeit und eine bequeme Lagerstatt.

Bis zum Frühstück hatten sich schon einige Gruppen gebildet, die gemeinsam eine der drei ausgearbeiteten Touren fahren wollten. Zur Auswahl standen eine reine Straßentour, eine gemischte Tour und eine Strecke für Sandschweine. Dreimal dürft ihr raten, für welche Tour ich mich entschieden habe . Unsere Gruppe bestand aus der Frankenbande: Gisi, Marco, Claudia und ihrem Schwobeseckele Frank. Zu uns gesellten sich noch Jan samt Tochter Franziska, Sabrina und Kai. Zunächst fuhren wir über Mirow und Neustrelitz gegen den Uhrzeigersinn um die Müritz herum. Je nach Gegend, waren die Straßen mal schlechter und mal besser. In manchen Ortschaften aber gab es nicht einmal Gehsteige für die Fußgänger, da lief die Straße am Rand einfach in ein Sandbett aus. Man sah, dass es hier überall an Geld für Dinge fehlt, die bei uns selbstverständlich sind. Viele Fabrikruinen zeugen von fehlenden Arbeitsplätzen und somit Einkommen für die Bevölkerung und die Gemeinden. Auf der andern Seite sahen wir schöne Ferienhäuser an den Seen, mit dicken Autos aus Rostock und Berlin in der Garage. Diese sozialen Unterschiede erinnerten mich ein wenig an Nordafrika, auch wenn der Vergleich hinken mag.

Mit dem Wetter hatten wir etwas Glück. Es war zwar grau und bedeckt, aber nur selten kamen ein paar verirrte Regentropfen oder Schneeflocken vom Himmel. Marco führte unsere Gruppe tapfer an und wusste uns auch langsam durch die Radarfallen an den Ortseingängen zu führen, so dass uns das ein oder andere Ticket erspart blieb. Nach einem kleinen Verfahrer erreichen wir die Stelle, wo die erste Sandpiste beginnt. Frank, der KTM-Fahrer, und ich drängten uns gleich nach vorne und zogen den Gasschieber auf. Zunächst waren wir natürlich nicht ganz so schnell, da wir die Strecke nicht kannten und nicht wussten, ob sie mit ein paar Überraschungen aufwartet. Außerdem war der Streckenverlauf sehr kurvenreich und wir wollen nicht plötzlich vor ein paar Spaziergängern oder anderen Fahrzeugen stehen. Wir jagten über die Bodenwellen und sprangen über Löcher. Auf einer langen Geraden sah ich ein tiefes Loch auf mich zurasen und stieg in die Eisen. Frank, der gerade hinter mir war, scherte aus, gab Gas und schoss auf dem Hinterrad an mir vorbei, das Loch nahm er im Sprung. Ich war jetzt zu langsam zum Springen und schlug in der Grube ein, das Motorrad federte wieder nach oben und schleuderte mich in die Luft, so dass ich nur noch mit den Händen am Lenker hing. Zum Glück lande ich gerade noch mit den Fußspitzen auf den Rasten und hetzte hinter Frank her, der gerade an einer Abzweigung angehalten hatte und auf die Gruppe wartete.

Marco erklärte uns den richtigen Weg und noch bevor er zu Ende gesprochen hatte, waren wir schon wieder im zweiten Gang und kämpften um die Führung. Dieser Teil war nicht mehr so kurvenreich, so dass wir etwas schneller fahren konnten. Hier war mal Frank vorne und mal ich hinten. Als wir auf einige Häuser zukamen, reduzierten wir auf Schrittgeschwindigkeit und plopperten langsam vorbei. Hinter der Ansiedelung ging es dann wieder ein Stück schneller weiter, bis wir an eine Kreuzung kamen. Wir warteten bis die anderen aufgeschlossen hatten und rollten ab hier unspektakulär auf Panzerplatten weiter. Mitten im Wald tauchte dann plötzlich eine Bushaltestelle auf, die wir grinsend zur Kenntnis nahmen. Nach einigen wenigen Kilometern erreichten wir eine Straße, die uns direkt zu einem Restaurant führte, wo schon eine andere Gruppe ihre Mittagsrast einlegte. Da schlossen wir uns gerne zum Essen und rasten an.

Nach dem Essen fuhren wir die gleiche Sandstrecke zurück. Nun kannten wir die Tücken des Weges schon etwas und konnten die Sache noch sportlicher angehen. An der Kreuzung, wo die Panzerstraße in die Sandpiste übergeht, warteten wir wieder auf den Rest der Gruppe. Jan hatte Probleme mit seiner Alp, wie sich später herausstellte, waren die Speichen im Hinterrad lose, und fühlte sich mit seiner Tochter auf dem Rücksitz im Gelände auch nicht so wohl. Er fuhr dann auf der Straße zurück zur Juhe. Den Mädels war es eigentlich zu kalt, sie wollten auch Richtung Heimat, aber die Sandtour wollten sie noch mitmachen. Mit durchdrehenden Rädern starteten wir also zur Sandetappe. Im Unterschied zur Hintour, hatten wir nun jedoch Gisi dicht hinter uns. Zuerst dachten wir, es wäre Kai, doch beim Näherkommen erkannten wir die blaue Alp der Amazone. Am Ende der Piste warteten wir wieder auf die anderen. Marco meinte, wir wären falsch abgebogen, wir hätten den anderen Abzweig nehmen sollen, da gäbe es noch eine längere Sandpiste, als die von uns gewählte. Umso besser für uns, dann können wir ja noch mal im Sand wühlen. Umdrehen und Gasgeben waren eins. Nun jagten wir wiederum den Weg hinab, Gisi immer dicht in unserem Rücken.

Am besagten Abzweig drifteten wir im ca. 120¡ Winkel links um die Ecke und jagten auf dem nun breiteren Sandweg davon. Zu ungestüm, wie sich zeigen sollte. In einer tiefen Furche ging meine Hinterradfederung mit einem dumpfen Schlag auf Block, während Frank mit dem doch besseren Fahrwerk der Kati wieder an mir vorbeizog. Gisi schlug in das Loch ein, wurde nach vorn über die Scheibe geworfen und kontrollierte das Vorderradprofil. Beim Zurückfallen gab sie automatisch Gas, so dass die Maschine wieder voll anzog und sie aus der Furche katapultierte. Ihr Glück, das hat einen möglichen Sturz verhindert. An einer weiteren Kreuzung sammelten wir wieder unsere Kräfte und warteten auf die anderen. Nachdem Gisi ihr Glück allen geschildert hatte, überquerten wir die Straße und spannten das Gasseil wieder bis zum Anschlag. Nun war der Sand ziemlich tief und Franks Kati kam ins Schlingern. Da ich schon einiges an Sanderfahrung hatte und keine Angst vor dem Schlingern hatte, schob ich meinen Hintern ganz nach hinten und flog an Frank vorbei. Vor einer Kurve musste ich Bremsen und die Seite wechseln, da sich ein paar Radfahrer durch den Sand quälten und ich langsam an ihnen vorbei wollte. Kein leichtes Unterfangen bei dem verspurten Boden. In der Kurve zog ich wieder ganz nach links und ließ meine Alp auf knapp über 100 Sachen hochschnellen. Weit hinter mir konnte ich Frank im Spiegel erkennen. Dann war die Piste schon zu Ende. Die Maschine rollte langsam aus und ich konnte meine angespannten Arme und Beine ausschütteln. Frank und Gisi trafen mit einem breiten Grinsen im Gesicht ein, der Spaß war ihnen richtig anzusehen.

Abends kamen wir dann müde, aber glücklich zur Juhe zurück und freuten uns schon auf das warme Abendessen. Nach dem Essen wurden wir von einem Bus abgeholt und nach Röbel, zur Anlegestelle eines Ausflugsdampfers, gebracht. Mit dem Schiff unternahmen wir eine zweistündige sogenannte Mondscheinfahrt über die Müritz. Wir waren zwar alle da, aber der Mond glänzte leider durch Abwesenheit ... Es gab Musik und je nach Gusto heiße oder kalte Getränke und die Besatzung, namentlich der Käpt'n, erzählte uns wissenswertes über den See und die Sehenswürdigkeiten an dessen Ufern. Natürlich erzählte jeder ausgiebig von den Erlebnissen und Eindrücken auf den Straßen und Pisten. Zurück in der Herberge wurden dann eifrig die Strecken des nächsten Tages diskutiert, wir wollten natürlich noch mehr vom Sand sehen!

Lange vor dem Frühstück stiefelte ich schon draußen durch die Kälte und fotografierte die mit dicken Reif belegten Sitzbänke. Die Pfützen waren zugefroren, aber der Himmel war strahlend blau und die Sonne glänzte am Firmament, wollte aber die Luft nicht so recht erwärmen. Nach dem reichhaltigen Frühstück formierte sich unsere Gruppe etwas um, Kai und Jan gesellten sich zu anderen Gruppen, dafür kamen Kiki und Dirk sowie Jörg und Susanne auf ihrer Varadero zu uns. Ob die wussten, was ihnen blüht? Marco übernahm auch heute die Führung. Bevor es in die Botanik ging, wollten wir auf der Straße die Gegend erkunden. Die Vorsätze hielten aber nicht lange, zu verlockend waren die Offroad-Strecken, die uns immer wieder vom Roadbook abbrachten. Dank Marcos genialem Orientierungssinn, fand er aber immer auf den rechten Weg zurück. Jörg und Susanne waren auf der Varadero zwar etwas gehandicapt, folgten aber auf dem Fuße, auch wenn der Weg noch so schlammig war.

Die Mittagspause verbrachten wir in einem netten Lokal mit Blick auf den Tellersesee und freuten uns über die vom Wirt spendierten Schoko-Osterhäschen. Trotz des schönen Wetters fiel es uns etwas schwer, aus dem warmen Restaurant wieder in die Kälte zu finden - äh, habe ich eigentlich meine genialen, tierisch gut wärmenden heizbaren Handschuhe schon erwähnt? Die musste ich auf kleinster Stufe laufen lassen, um mir die Finger nicht zu verbrennen . Auf leichten Umwegen suchten wir uns dann den Weg nach Neubrandenburg. Hier trennte sich die Gruppe. Der eine Teil fuhr zur Herberge zurück, weil dort die Vorbereitungen für das Ostergeschenk getroffen werden mussten, der andere Teil wollte natürlich noch etwas Sand schmecken. Die Sandschweine, namentlich Marco, Gisi, Dirk, Kiki, Frank und ich durchquerten zunächst gemütlich das Naturschutzgebiet, natürlich auf der vorgeschriebenen Straße. Marco fand wieder prima kleine Streckchen, mit wenig Verkehr, die uns zu einem Wäldchen mit legal befahrbaren Sandwegen führten. Nach kurzer Absprache über den Streckenverlauf schnellten Frank und ich wieder los. Die Wege waren hier sehr uneben und voll mit tiefen Sandpassagen, aber wir wollten es nicht anders. Je nach Streckenabschnitt war mal Frank der schnellere oder hatte ich die Nase vorn. Ich kam im tiefen Sand besser zurecht, Frank konnte das Fahrwerk der Kati bei den tiefen Löchern besser nutzen. An bestimmten Abzweigungen oder Kreuzungen warteten wir jeweils auf die andern, die nicht ganz so verrückt wie wir losgestochen sind.

Beim Durchqueren eines tiefen Loches schlug mein Federbein voll durch und kurz darauf bei einer etwas flacheren Aushöhlung wieder. Ich drehte die Federvorspannung auf ganz hart und versuchte an Frank dranzubleiben. Doch bei jedem Loch und jedem Graben schlug die Federung wieder voll durch. Wir hielten an und untersuchten die Maschine. Wir brauchten nicht lange zu suchen, da sahen wir schon, wie Öl auf dem Krümmer verdampfte. Mein gutes Technoflex-Federbein war inkontinent geworden und verteilte das Öl im Schwingenbereich. Ich überprüfte die Federung und merkte, dass praktisch keine Dämpfungswirkung mehr vorhanden war, so ein Mist! Wir fuhren nun etwas gemäßigter weiter und suchten uns wieder kleine Sträßchen für den Rückweg zur Juhe. Dort angekommen habe ich die Alp gleich auf den Hänger geladen, ohne Dämpfung wollte ich nicht mehr weiterfahren.

Wegen der schlechten Wettervorhersage für den Sonntag hatte Sabrina das Grillfest auf den heutigen Samstag Abend vorverlegt. Nun schleppten wir die Grills und die Getränke hinter das Haus zu einer schönen Terrasse, wo wir auch im Freien schmausen konnten. Das heißt im Freien waren nur die harten Kerle und Kerlinnen, die Taschentuchbügler verdrückten sich in den warmen Speiseraum zum Essen. Aber ans Lagerfeuer kamen dann doch alle und erzählten von den Erlebnissen der vergangenen Tage. Neue Freundschaften wurden hier geschlossen und alte bekräftigt. Man verabredete sich für die nächsten Treffen und hoffte auf besseres Wetter - kurz, es war wieder einmal ein spitzenmäßiges Treffen!