Extratour I - Schweden

Ein Bericht aus der "Tranas Tidning" vom 29.6.2001

von Karina Avila
Übersetzung Karen Fink

Deutscher MC-Club auf Tour in Hätte

Tranas
Etwa fünfzig Biker sind auf dem Campingplatz in Hätte eingezogen. Es ist ein deutscher MC-Club der sich in Tranas getroffen hat und die Stadt mit Maschinen, Lederkluften und Mückennetzen belagert.

Der deutsche MC-Club "Die deutschen Transalp-Freunde" hat sein Lager im Städtchen beim Sommens Strand aufgeschlagen. Wäre dies vor wenigen Jahrzehnten der Fall gewesen, hätten die anderen Campinggäste wohl beim Reindonnern der Motorräder auf dem Campingplatz gezittert. Beim Anblick der Ledergestalten wäre die Stimmung gesunken. Viele hätten Unruhe, Gewalt und störenden Krach befürchtet.

Ein Bild welches fast nicht unwahrer sein könnte. Verdient oder unversehens lassen wir ungesagt... Aber die deutschen Biker sehen nicht gefährlich aus, wenn sie mit Vogelgezwitscher im Hintergrund beim gemeinsamen Mahl am langen Tisch sitzen. Es gibt schwedische Spezialitäten wie ,Fjell'-Jogurt, ,Fil'-Milch und ,Mess'-Butter, welche zusammen mit Polarbrot und Kaffee gegessen werden.

Ältere Biker

"Generell sieht ein Biker heute ganz anders als früher aus," sagt Klaus-Peter Kugler.

In Deutschland ist das Durchschnittsalter eines Bikers 45 Jahre, jeder dritte Erwerber eines Motorradführerscheines ist eine Frau, und die Leute sind generell hoch gebildet. Klaus-Peter muss es wissen. Er schreibt beim Soziologischem Institut der Uni Osnabrück an einer Diplomarbeit über Motorräder, "Vom Nutzfahrzeug zum Prestigefahrzeug und Identifikationsobjekt" lautet der Titel.

"Die Entwicklung ist in Schweden ähnlich," sagt Per Ohl aus Göteborg, der einzige Teilnehmer aus Schweden beim MC-Treffen.

"Geld und Zeit sind Voraussetzung um heute ein Motorrad zu haben. Ein gutes Beispiel ist, wenn die Kinder aus dem Haus sind und man Geld für ein Motorrad übrig hat, sowie für die sehr teuren Versicherungen," sagt er.

Abenteuerbike

Per Ohl hat das Treffen organisiert und seine deutschen Freunde nach Tranas eingeladen. Die meisten kennen sich von schon von den Treffen, die jährlich in verschiedenen Ländern stattfinden. Ohl ist einer von den wenigen schwedischen Fahrern, der diesen Typus von Allround-Motorrad fährt. Häufiger werden 'gefährlichere' Motorräder gewählt. Die Transalp erinnert an ein Crossbike. Sie hat viel Federung am Vorderrad. Per Ohl berichtet, dass sie Schotterfahrten schafft und zugleich ausreichend bequem ist, um mit Sozi und Gepäck auf der Autobahn zu fahren. Das Motorrad wird auch Allround oder Abenteuer Off-Road genannt.

"Gewöhnlich meidet ein Motorradfahrer die Schotterwege. 70 - 80 Prozent fahren nie auf Schotter," sagt Per Ohl.

Auch die deutschen Fahrer sind bisher nie Schotterwege gefahren, da es solche in Deutschland kaum gibt. So sind die schwedischen Kieswege einer der Motivationen das Treffen in Hätte zu machen.

Per Ohl ist Lektor der Technik an der Technischen Hochschule zu Chalmer. Ausserdem hat er zahlreichen schwedischen Fahrern beigebracht, wie man sicher bremst (in einem Projekt, welches Teil der Null-Vision ist). Während der zehn Tage wo "Die deutschen Freunde der Transalp" in Tranas sind hat Per Ohl viele Stunden auf dem Sportplatz von Bredstorp verbracht. Da wurden 52 Personen bei Bremsübungen im Kies geschult.

Elch-Glück

Am Tage teilen sich die Motorradfahrer in kleinere Gruppen ein und ziehen in verschiedene Richtungen. Zu den Möglichkeiten zählen Rundfahrten um den Vätternsee, Sommens, Öland oder Vimmerby. Die meisten möchten in das "Astrid Lindgren-Land", da sie als Kinder die Geschichten von Emil (in Deutschland Michel) und Pippi gelesen haben.

Per Ohl beschreibt die Transalp-Jungs als Naturfreunde, welche Reisen mit etwas Abenteuer lieben. Die Wildniss in Schweden ist verlockend. Für die Deutschen ist Wildniss gleich Natur, Weite und der Chance, einen Elch zu sichtigen. Elche sind bedeutsam in Deutschland. Fast alle haben Elch-Aufkleber oder -näher auf ihrer Kleidung und Ausrüstung. Per Ohl erzählt, dass die Truppe ein Hamburger-Restaurant völlig von Elch-Souvenirs leergefegt hat. Die Deutschen zeigen stolz ihre Plüsch-Elchtiere.

"Ich hatte das Thema Deutsche und Elche nie Ernst genommen. Ich verstand erst hier wie sehr bedeutsam es für sie ist," sagt Per Ohl.

"Ich dagegen dachte, dass die warnenden Strassenschilder mit Elchen nur für Touristen aufgestellt werden," kontert Andreas Lock.

Er verstand, dass dies nicht der Fall ist, als er mit anderen Bikern nachts nach Omberg fuhr um den Sonnenuntergang zu erleben. Auf der Rückfahrt bekam er am Strassenrand eine Elchkuh mit Kalb zu Gesicht. Ein grosser Augenblick für die Deutschen.

"SMÖRGAS"

Ausser Motorradfahrten haben sie auch schwedisches Essen probiert. Es wurden 'Sill', 'Nypotatis', 'Lax' und gegrillte 'Flintasteaks' gespeist. Die "Smörgas" wurden am Abend vorher bei einer Konditorei in Tranas bestellt. Und ein Restaurant wird ein grosses Buffet liefern, welches u.a. Reh und geräucherte Regenbogenforelle enthalten wird.

"Sie waren geschockt über den Preis von Erdbeeren. Für sie teuer. Genauso geschockt waren sie über den Preis von frischen Kartoffeln. Sie wunderten sich weshalb der Bauer sich für einen so niedrigen Preis die Mühe mit dem ausgraben macht," sagt Per Öhl.

Lachs halten die Deutschen für sehr teuer und exklusiv, welches er nicht mehr ist. Benzin und Diesel sind teuer, finden die Deutschen, die doch sehr gerne noch einmal zu einem MC-Treff auf schwedischen Strassen anreisen.


Der älteste Biker war Kriegskind in Schweden

Tranas
Der älteste Teilnehmer des MC-Treffens in Hätte ist mit 63 Jahren Christian Beyerhaus aus Berlin. Christian ist ein grosser Schweden-Fan, seit er 1948 als Kriegskind hier war.

"Für mich ist es etwas besonders in Schweden zu sein. Ich komme so oft wie ich kann," erzählt Christian Beyerhaus.

Dieses Mal wurde es mit der Transalp und der aktuellen Sicherheitsausrüstung für Motorradfahrer. Er wird scherzhaft 'Ninja Turtle' genannt, wegen seines Schildkröten-ähnlichen Rückenschutzes. Der Rücken wird beim Motorradfahren leicht gefährdet und Rückenmarksverletzungen sind oft lähmend.

"Ich war das erste Mal mit zehn Jahren hier. Der Krieg war vorbei. Berlin war zerstört und es mangelte an Essen. Mein Vater nahm den Kontakt zu schwedischen Verwandten auf und ich wurde hergeschickt um mich satt zu essen," sagt Beyerhaus.

Zuerst wohnte er bei seinem Onkel in Lund auf dessen Bauernhof. Er erinnert sich an die Freude über Butter, Fleischbällchen und Schokolade. Nach dem Besuch in Lund kam er zu einem Onkel in Boras. Dieser war Textilien-Ingenieur. Am Ende lebte bei einem Onkel, der Pastor war, in Göteborg. Zu dem Bauernhof in Lund reiste er danach viele Sommer.

Er selbst ist Bauingenieur in Berlin. Nach dem Fall der Mauer hatte er viel Arbeit. In Ostdeutschland gab es viel zu renovieren und er hat sich um den Wiederaufbau vieler Kirchen gekümmert.

"Sie wurden während der Ostzonen-Jahre mehr zerstört als während des Krieges," stellt Beyerhas fest. Ich habe viele Sommer in Schweden verbracht. Meine Schwester hat hier ein Ferienhaus und ich war u.a. in Pfadfinderlagern. Also durfte ich dieses MC-Treffen nicht verpassen," sagt Christian Beyerhaus, der übrigens das älteste Mitglied der "Deutschen Transalpfreunde" ist.


Deutsche Biker zogen in Hätte ein

Niemand in Hätte brauchte etwas zu befürchten als 52 Mitglieder des deutschen MC-Clubs "Freunde der Transalp"auf dem Campingplatz einzogen, wo ihr jährliches Treffen stattfindet. Die deutschen Gäste sind naturliebhabende Biker, deren Abenteuerlsut mit den Erlebnissen auf schwedischen Schotterwegen befriedigt wird. Während der zehn Tage durchkämmten sie die Tranas-Gegend in der grossen Hoffnung, dass jeder seinen eigenen Elch zu Gesicht bekommen sollte.