Vogesentour

G2s Heimfahrt vom Eifeltreffen 2003

Wir verlassen das Eifeltreffen zu zwölft. Matthias Trautwein aus Wäschenbeuren, Andy Müller aus München und ich hängen noch eine zweitägige Vogesen-Extension an, Matthias hat für uns ein Hotel in Munster klargemacht. Die Baden-Karlsruher und die Frankfurter/Bergsträßer haben eh die gleiche Richtung. Ich fahre vorneweg und zwinge ;-) der Truppe die Runde auf, die ich eigentlich gestern schon fahren wollte.

Von Blankenheim erstmal Strecke machen bis Mayen, dann über Münstermaifeld nach Hatzenport zum schönsten Fluß der Welt....;-).

Löf, Brodenbach (schade, hier hätte ich gern den Abstecher ins Ehrenburger Tal zur Brandergrabenmühle vorgezeigt, aber die Zeit....), Baybachtal.
Auf der Hunsrückhöhe am Abzweiger nach Sabershausen verabschieden wir die Frankfurt/Bergsträßer. Übrig bleiben Matthias, Andy, Frank Weißmann, Michael Hilpert, Alex aus Cottbus und ich. Eine griffige Fahrkombination, wie ich feststelle :-).

In Lahr vor dem Abstieg ins Flaumbachtal überrascht uns eine Exhibitionistenwolke und zeigt uns ihr Inneres. Schweinkram! ;-)

Flaumbachtal, Valwigerberg, Valwig, Bruttig, Bruttiger Berg.
Kaum zu glauben - selbst nach vier Jahren Moselabstinenz erkenn' ich fast jede Kurve wieder. Vor allem diese tückische Rechtsbergauf am Bruttiger Berg. Neben der Leitplanke stehen zwei Pärchen mit Supersportlern und glotzen, wie nacheinander sechs Transalps um die Ecke stieben....;-) Die Kamera bleibt im Sack, heute ist Fahrtag.

Erstaunlich, wieviel Zeit man so vertändeln kann - schon wieder deutlich nach Mittag. Essenfassen auf der Terrasse der Pulger Mühle, Sonne wieder da, der Wald dampft. Ich muß zwar am längsten warten, aber die Forelle ist ein Gedicht :-). Zum Schluß pickt sich Alex die Augen aus dem Grätenhaufen - *schauder*. Naja, wann's schee mocht...;-)

Ab hier übernimmt Frank - südlich der Hunsrückhöhenstraße bin ich nicht so navigationsfest. Ich hänge mich zur Abwechslung mal ganz hinten an und stelle fest, daß Transalps erbärmlich stinken....#-P

Irgendwie über die Hunsrückhöhe, Hahnenbachtal.
Kurz vor Kirn vergißt Frank, daß zwei vollbekofferte Transalps nicht zwischen dem Bauzaun und der Baubude durchpassen - keine Lust, den ganzen Scheiß abzurödeln, Andy und ich nehmen 10 km Umweg über eine allerliebste, winzigkleine Hangstraße.

B270 und dann einmal quer durch KL quälen. Stimmt, das war ziemlich groß...:-6. Hintenraus übern Harten Kopf- hier war ich schon ein paarmal, aber ohne Koffer...:-\ *Ärger*
Johanniskreuz, Kaffee einschütten. B48 nach Annweiler - immer wieder nett :-). Danach nur noch große Bundesstraßen. Irgendwo um Landau lassen uns die Karlsruher vom Seil, es ist 18:34 und wir müssen heute noch bis nach Munster. Jetzt drängt's langsam: Bahn, Bahn, Bahn.

Um 20:52 rollen wir vor die Hoteltür. Hotel des Vosges - mitten im Zentrum von Munster, aber so weit zurück, daß einem die LKWs nicht durchs Schlafzimmer fahren. Garage dabei, das Zimmer ist groß genug, daß wir mit drei Mann unser Gepäckgerümpel unterkriegen, ohne uns selbst völlig einzukasteln. Und im Badezimmer können sich auch zwei Leute gleichzeitig drehen. Für französische Hotellerie gar nicht schlecht - well done, Matthias! :-)

Sonntagabend nach Neun in Frankreich auf der Suche nach Essbarem - gar nicht so einfach. Unser Magengrunzen hallt in den Gassen wider, die Erlösung winkt auf der Westseite der Kirche: wir fallen in ein kleines Restaurant ein. Für den Anfang schonmal sehr gut :-9. Zum Schluß zahlt jeder von uns 21 Euro. Eine Zahl, die uns fortan magisch in jeden Gastronomiebetrieb verfolgen wird....;-)

Wir finden die letzte Bar, die in Munster sonntagabends noch geöffnet hat:
Le Viking - der Name ist Programm. Über der Tür ein Drachenkopf, an den Wänden Zweihänder, Schilde und Rüstungsteile, aus den Lautsprechern dröhnt bretonisierter Folk-Rock. Die Typen an der Bar sehen aus, als würden sie Calva aus den Schädeln der Besiegten saufen. So schräg, wie die rumhängen, müssen die heute ziemlich viele erschlagen haben...;-). Zwei Tätowierte messen sich im freien Armdrücken ohne Tisch - dagegen ist bayrisches Fingerhakeln Kindergeburtstag. Zum Schluß entbrennt unter dem Johlen der übrigen Wikinger ein handfester Streit zwischen zwei jungen Herren - wie ich feststelle, geht es darum, wer den Schrubber zum Kloeingangwischen schwingen darf. Ein merkwürdiges Volk.....;-)

Montagmorgen. Wir schlängeln uns nacheinander durchs Bad, Matthias ist mal wieder das^Hder Letzte...;-). Bekannt karges französisches Frühstück, Strategieentwicklung: heute Runde südlich von Munster, morgen nördlich. Frank Weißmann hatte auf dem Vogesentreffen 2002 eine geile Runde vorgelegt, deren Verlauf wir heute nochmal teilweise nachvollziehen werden. Das Wetter sieht 50/50 aus, im Moment wenigstens ist's trocken. Aufsitzen, anlassen, es ist halb elf.

Matthias sticht nach Wasserbourg hoch. Ja Herrgottzak', wie kann man so früh morgens nur so rasen..... Und dieses 14er Ritzel - unverschämt! ;-) Andy war noch nie hier und ist seit Glitsch 6 auf dem Eifeltreffen ein bissel zurückhaltender - er wird an langer Leine hinter mir angehängt. Matthias und ich warten eine Zigarettenlänge am Abzweiger.

Ich rumpele mit dem Anakee über die Steinpiste auf den Petit Ballon zu. Andy's Leine schleift über den Boden - wieso hab' ich bloß das Gefühl, daß ER diesmal eine Zigarettenlänge warten müsste? ;-)

Die Hütte im Hang hat heute zu - dann müssen wir eben durstig weiterreisen.

Saukalt ist es hier oben. Hier war ich lange nicht - zuletzt im Frühjahr `97 mit der FJ. Das Rennen mit den zwei Schweizern fällt mir wieder ein. Lebensmüdes Pack, macht doch, was ihr wollt. Alles Geschichte - mein Rennteufel sitzt längst im Kerker des ewigen Vergessens.

Thann, Col du Hundsruck.
Es ist später Mittag, wir finden die Auffahrt zur Auberge Les Buissonets wieder, der Laden hat aber heute zu. :-\

In Bourbach-le-Haut stürmen wir stattdessen die Auberge La Framboiserie. Eine echte Empfehlung - für mich gibt's gebackenen Munsterkäse auf Salaten der Saison mit Bärlauchstreifen und danach Entenbrustscheiben an Honig-Lavendelsauce. Göttlich - wer kommt bloß auf solche Ideen? :-) Dieser Genuß war die magische Zahl allemale wert. Die anderen halten sich ans Tagesmenü - Salat, leckere Pute und jede Menge Eis :-9.

Ich übernehme die Tour.
Masevaux, Sewen, Ballon d'Alsace, Giromagny.
Matthias stellt fest, daß unsere Biorhythmen sich deutlich unterscheiden. Ente scheint nachmittags leichter zu fliegen als Pute. Vielleicht hab' ich auch nur den Zuckerstoß gebraucht...;-). Bei Andy passiert plötzlich auch irgendwas, unser Vorsprung schrumpft auf weit weniger als eine halbe Zigarettenlänge. Das Wetter bessert sich schlagartig, jetzt guckt sogar mal blauer Himmel raus.

Plancher, D16.

Auf dem Weg abwärts zeigt die Detailkarte im GPS einen noch kleineren Durchstich nach le-Haut-du-Them an. Wir opfern eine halbe Stunde, indem wir verloren zwischen Bauernhöfen im Hang kreisen und uns von einem laut kläffenden Sennhund anspringen lassen. Im Dorf umrunden wir dreimal die Kirche, bis mir klar wird, wo's hier zur D486 geht - zur hemmungslosen Begeisterung zweier Buben, die bei jedem unserer Auftritte ihre Fahrräder fallenlassen und uns in irgendeine andere Richtung um diese gottverdammte Verzweigung winken :-\.

Col des Croix, Ramonchamp.
Eine verlassene Nebenstraße im Nichts, anderthalbspurig, steil, jede Menge Kehren - und ein Verkehr wie auf der B12. Komische Gegend.....;-)

Col de Morbieu, Moselotte, Col de Sapois, Bas Rupts.
Ich suche den Einstieg in die von Carlo empfohlene Forststraße.

Was auf der guten Michelinkarte total straight aussieht, entpuppt sich im GPS als komplexes Wegenetz mit etlichen Verzweigungen. Bei der kombinierten Denk/Pinkelpause stürze ich im Hang ab. Wenigstens sehen jetzt Stiefel und Hose nach zünftiger Endurotour aus....;-)

Es ist spät geworden - das letzte Highlight des Tages ist der Col de la Schlucht. Wie man hier im Sonnenuntergang entspannt runterschwingen kann - ein Traum :-).

Den Abend schlagen wir uns an der Hotelbar um die Ohren. Carlsberg (oder war's Kronenbourg?) und Benzingespräche, Fahrstilanalysen, Schwelgen in Jugendsünden. Andys spärlich gesetzte, aber pupstrockene Kommentare sind einfach zum Unterntischschmeißen...:-D:-D Der Tag war lang, das Schlafmittel wirkt.....;-)

Dienstagmorgen. Der Blick aus dem Fenster. Naja. Das Sonnenloch von gestern abend hat sich nicht so recht durchsetzen können: wieder ziemlich grau. Diesmal schaffen wir den Start um halb zehn, in üblicher Anordnung.

Ich rolle schonmal die Hälfte von Andys Leine ein - die brauchen wir in der Länge heute nicht mehr.

Hohrodberg, Grand Hohnack, Orbey.

Matthias irrt am Abzweiger, wir bewegen uns erstmal Richtung Hohrodberg zurück und geraten nach Le Linge. Ein Soldatenfriedhof aus den dunklen Zeiten, als man im Elsaß anderes zu tun hatte, als sinnlos Kurven heizen.
Sinnlos sterben, zum Beispiel. Ein düsterer Ort....

Mehr als 1000 Kreuze stehen im Gras, überragt von einem grimmigen Monument, zu dessen Füßen ein steinerner Mann mit verzerrtem Gesicht seinen Körper der Erde und seine Seele der Ewigkeit zurückgibt.

Kreuzreihen in pervers exakter Symmetrie. Ich beginne, Namen zu lesen: Aimé Belleret, Francois Emile Tavigné, Laurent Lardon, 21 Jahre, Alexandre Coss, 22 Jahre, André Clerc, 24 Jahre.....

La génération sacrifiée - Opas Geschichten fallen mir wieder ein. Die, die er nie aus sich selbst erzählt hat.
Mit 18 schickt man ihn nach Osten, Russen erschießen. Mit 19 in die andere Richtung, Franzosen massakrieren. Vier endlose Jahre vegetiert er in Kugeln, Splittern, Gas und Feuer. Im Herbst '18 fischt man ihn aus einem Straßengraben: fast bewußtlos, verlaust, vollgeschissen - der Typhus hat ihn ausgetrocknet. Er ist gerade 22 und eigentlich so gut wie tot.
Wie er das überstanden hat, ist eine der denkwürdigsten Geschichten, die ich kenne. Das gehört aber nicht hierhin.

In dem Alter hab' ich die Wochenenden in der Disco und die Stunden zwischen den Vorlesungen mit Doppelkopfspielen verbracht - die größte Sorge war die Kohle für die nächste Tankfüllung.
Was für Zeiten....

Mittlerweile stehe ich an den zwei Massengräbern auf der Monumentseite der Anlage. 1300 Tote liegen hier drin, und auf den Tafeln gerade mal 35 Namen... Auf der Graniteinfassung haufenweise Gedenktafeln für Vermißte. Das Übliche halt - getötet vom Feind, gefallen für Frankreich, für die Freiheit, für's Vaterland.

Nur Louis Greffier nicht.

"Zum Gedenken an unseren lieben Sohn Louis Greffier aus Ségny (Ain), 11. Gebirgsjägerbataillon. Verschollen am Barremkopf am 22.7.1915 im Alter von 21 Jahren.
Liebes Kind.
Unser Herz gebrochen vor Schmerz. Und keiner weiß, wo unsere Tränen zu vergießen wären."

*Schluck*.

Jetzt reicht's aber.
Wir verlassen diesen unwirtlichen Platz.

Der Tag der 100 Col's - Col du Wettstein, Col de Fréland, Col du Haut de Ribeauvillé, Col de Fouchy, Col de Urbeis, Col du Steige und unzählige davor, dazwischen und dahinter, deren Namen ich in der Karte nicht wiederfinde.

Klarer Fall von Kurven-Coller ;-). Es muß was in die Bäuche - Einkehr am Steige.

Mahlzeit! :-)

Nicht schlecht, aber die Küche bewegt sich nicht auf demselben hohen Niveau wie gestern. Den Preis aber haben wir irgendwo schon mal gesehen...;-)

Nach Mittag derselbe Wechsel wie gestern. Unsere Biorhythmen laufen wirklich asynchron - das kann aber heute nicht am Essen liegen. Denn soweit ich weiß, können weder Kälber noch Schweine fliegen....;-). Das Wetter macht auch wieder mit, den Nachmittag verbringen wir bei nur noch geringfügiger Bewölkung.

Col du Kreuzweg, Hohwald, Mont Ste. Odile und hintenrum wieder zurück.
Am Champ du Feu werfen wir die Leine weg - die brauchen wir jetzt nicht mehr. Erstaunlich, wie schnell der Mann hier gelernt hat. Das Talent ist eindeutig vorhanden: Reschpekt, Andy, Reschpekt! :-)

Col de la Charbonniere, Steige, Senones, Donon, Raon.
Der Wald zwischen Rouges-Eaux und Corcieux umwickelt uns mit einem Spinnennetz aus Forststräßchen - allerliebst :-). Tief mittendrin steht eine Hausruine, verschmorte Balken, die Waschmaschine liegt ausgeglüht in der Wiese. Muß lange her sein. Kein Wunder - bis die Feuerwehr genügend Wasser an diesen gottverlassen einsamen Fleck geschafft hat, ist die Bude längst abgefackelt.

Die Schleife über Le Haut du Pré ist nächstes Mal dran - es ist schon wieder spät und wir haben noch etwas Weg vor uns.
Comme dessert wie gestern La Schlucht. Diese Straßenbauer müssen echte Stümper gewesen sein ;-)- aus 6 Luftlinienkilometern werden durch ungezieltes Einstreuen von Kurven 18 Streckenkilometer gemacht. Sowas leistet man sich nur in Mittelgebirgen - in den Alpen gäb's hier 6 km ansteigende Gerade und oben eine nüchterne 8-Kehren-Gruppe über den Paß....;-)

Und fast hätt' ich's vergessen: auf einen Tip von Frank Weißmann hin finden wir mittendrin zumindest 12 von angeblich 20 durchgehenden, legalen Schotterkilometern. Navigation ist schwierig - auf welcher Etappe war das noch?....;-)

Die Location am Abend ist dieselbe wie gestern, das Bier auch. Und an unsere Gesichter haben wir uns mittlerweile fast ein wenig gewöhnt...;-)

Mittwochmorgen: Munster erwacht unter einem strahlend blauem Himmel. Frühstück, Packen, Aufrödeln.

Die Reisegruppe zerstiebt vor der Hoteleinfahrt in drei Solisten - Matthias hat's eilig und muß über die Bahn, Andy bleibt noch zwei Tage und rollt zum Schlucht hoch, ich setze mich via Schwarzwald und Bodensee Richtung Ameisendorf in Bewegung.

Männer, es war schön mit Euch! :-) Drei völlig unkomplizierte Mopedtage - so braucht's der Mensch im Urlaub :-).

In der allwerktäglichen Schwerlastverkehrwelle schwimme ich mit, finde im Schwarzwald noch einen winzigkleinen Höhendurchstich südlich der Fuchswaldstrasse, auf dem man auch noch einen Kilometer Asphalt vergessen hat, langweile mich auf den Geraden der südlichen schwäbischen Alb und entdecke Engen im Kreis Lindau - so was Hübsches aber auch! :-)

Navifehler an der gesperrten Ortsdurchfahrt von Stockach - das ist schon die dritte heute :-\. Daraufhin frei kreiselnd finde ich winzigkleine Sträßchen am Nordrand des Bodensees - auch nicht schlecht :-)

 

 

Beim Suchen der Verbindung zwischen Ellenfurt und Lichtenegg kracht mir eine Biene mit dem Stachel zuvorderst an die Backe. *Aua*. Damit ist der Spaß vorbei, der Rest wird mit geschwollenem Auge schnellstmöglich auf überfüllten Bundesstraßen abgeritten *Gäääääähnnn*. Naja, fast jedenfalls....;-)

 

Ach, leckeres Elsaß, deine schönen Kurven mußt' ich lassen...*seufz*.

Ich befürchte, ich muß da nächstes Jahr mal wieder hin.....