Kul-Tour'98 - Familientreffen in Hamburg

Fronleichnam, 11. Juni 1998. Ich stehe mitten in St. Pauli und genieße den herlich weiten Ausblick auf die Landungsbrücken der Elbe. Hinter mir die Jugendherberge. Treffpunkt für das diesjährige Nordtreffen vom 11. - 14. Juni 1998 der Transalpfreunde Deutschland zu dem der Stammtisch Hamburg geladen hatte. Die Lage der JH ist einfach genial. Mitten im Hamburger Geschehen. Um uns herum alles was man braucht, um Hamburg in 3 Tagen kennenzulernen. St. Pauli, die Reeperbahn, die Große Freiheit, der Hamburger Hafen mit den Landungsbrücken und und und.

In der JH treffe ich Michael an, der im Transalp-Gruppenraum den Empfang darstellt. Es dauert bis ca. 20:00 Uhr, bis alle für Donnerstag angemeldeten Alper eintrudeln. Nach dem Abendessen tauchen wir in das Hamburger Nachtleben ab ;-). Heinz, Bodo, Michael und Barbara führen uns durch die Gassen von St. Pauli, der Reeperbahn und der Großen Freiheit und wissen viel zu berichten… nein, nicht von ihren hier erlebten Geschichten ;-))), sondern von dem was hier so alles mehr oder weniger ruhmreiches in den letzten Jahrzehnten geschehen ist. Man mag sich ja viele Horrorgeschichten über St. Pauli und dem Drumherum erzählen, es scheint aber alles ein bißchen übertrieben zu sein.

Wie wir feststellen konnten, kann man ganz gemütlich durchspazieren und sich über das bunte Völkchen wundern. Kneipe an Kneipe, Restaurant an Restaurant, Club an Club, ein Puff neben dem anderen. Latürnich auch viele leichtbekleidete Mädels. Heinz zeigt uns Kneipen in denen Bands wie die Beatles groß wurden, Box-Keller in denen heute noch bekannte Boxer fighten und latürnich Deutschlands berühmteste Polizeistube, die David-Wache. In einem Irish-Pub stärken wir uns mit Guinnes, Kilkenny, etc., ehe wir Heinz’s Rat befolgen und ihm in eine bekannte Szene-Kneipe auf der Reeperbahn folgen. Hier sitzt "Krawatte" neben "zerrissener Jeans" und wundern sich über den Punksänger, der auf der Theke wilde Tänze vorführt. Wovon er singt, konnten wir nicht verstehen. Aus einigen Wortfetzen erahnen wir, daß er möglicherweise sogar deutsch singt. Hmmm …. ziemlich schräg diese Szene-Kneipe … Reeperbahn halt … was soll’s.

Da es uns aber eine Idee zu laut ist, ziehen wir eine etwas ruhigere Kneipe gegenüber vor. UijUijUij …. schon nach 00:30 Uhr! Wann schließt die JH ihre Pforten? 00:30 oder 01:00 Uhr? Andreas ist sich 100%ig sicher, daß die JH bereits um 00:30 schließt und beschreibt das Szenario, wenn wir nun nicht mehr in die JH eingelassen werden …… wir müßten tatsächlich auf der Reeperbahn durchzechen und könnten erst ab 05:00 Uhr am Fischmarkt frühstücken … welch’ eine schreckliche Vorstellung ;-)))). Kurz vor 01:00 Uhr treffen wir an der JH ein und …..werden eingelassen ….. Schwein gehabt ;-)).

Der Freitag beginnt mit einem Druckfehler im Programm……hoffte ich! Dort stand geschrieben, daß es bereits um 7:30 Uhr Frühstück gäbe. Um 6:55 Uhr bewahrheitete sich jedoch dieses Drama! Andreas’ Edel-Wecker läßt den Tag ganz fürchterlich beginnen. Obwohl er am anderen Ende unseres 8-Bett-Zimmers liegt, kommt es mir so vor, als ob er seinen Wecker an mein Kopfkissen festgebunden hätte. Alle Versuche dies auf einen schlechten Alp-Traum zu schieben verpuffen, als Bodo dem schrecklichen Geräusch des Weckers noch ein müdes aber entschlossenes "Moin" hinterherschiebt. Kein Traum ? Reality! So kam es, daß sich doch tatsächlich alle rechtzeitig um 7:30 Uhr am Frühstückstisch einfanden.

Um 9:00 Uhr saßen alle Alper gesattelt auf ihren Rössern, um die von Heinz vorgegebene Route durchs Alte und Neue Land zur Elbfähre zu fahren. Doch vorher mußten wir noch unbedingt Malu’s Bremsscheibe austauschen. Piet konnte in Hamburg einen Händler ausfindig machen, der doch tatsächlich eine entprechende Scheibe vorrätig hatte. Um 10:00 Uhr war das Teil montiert. Es konnte losgehen. An der Elbchaussee entlang - einem Hamburger Villenviertel - führte uns Michael 100 km weit durch viele kleine Hamburger Vororte wie Wedel und Blankenese nach Glückstadt. Ein nettes Stück Landschaft hier mit vielen typischen norddeutschen Bauten. Der Import von Kurven und Steigungen wurde jedoch kläglich vernachlässigt ;-). So stoße ich auf meiner Karte doch immer wieder auf markante landschaftliche Punkte, die entweder eine Erhebung oder einen Aussichtspunkt darstellen sollen. Ich breche fast zusammen, als ich die danebenstehenden Höhenmeterangaben lese: 74, 55, ja sogar 24 Meter wurden als solche gekennzeichnet! Prust ;-)))).

Vorbei an der kilometerlangen Warteschlange huschen wir auf die Elbfähre. In Wischhafen angekommen stärken wir uns in einem Imbiß mit Pommes, Kaffee, Kuchen und anderen Spezialitäten. Durch Stade und Buxtehude geht es zurück nach HH-Harburg zum hiesigen Honda-Händler Wenzlaw, der dieses Treffen zum Teil sponsorte. Nach Kaffee und einigen Fachsimpeleien finden wir uns um 17:00 Uhr vor der JH wieder ein. Wieder erklärt sich die JH-Leitung dazu bereit unser Abendessen erst um 20:00 Uhr zu servieren, damit auch die Spätankömmlinge noch warm essen können. Der Abendspaziergang führt uns zu den Landungsbrücken, dem alten Elbtunnel und dem Feuerschiff, ein ehemaliges Feuerwehrschiff, welches zur Kneipe umgebaut wurde. Der Samstag beginnt mit der gleichen Katastrophe wie der Freitag!

Ein lautes "Moin" weckt uns wieder vor 7:00 Uhr. Ich versuche meinen Unwillen aufzustehen damit zu bewältigen, daß ich an das Tagesprogramm denke. Ausritt zu einer Motocross-Strecke nach Schwartow bei Boizenburg. Auf dem Weg zum "Schlammspielen" führt uns Michael durch den alten Elbtunnel. Mit Aufzügen werden wir in den Tunnel verfrachtet, bzw. wieder nach oben befördert.

Gegen 12:00 Uhr stehen wir vor dem "Spielplatz" und bestaunen respektvoll die Flugkünste der Moto-Crosser. Bei den ortskundigen Crossern erkundigen wir uns nach dem Schwierigkeitsgrad des Parcours. Piet, Michael und ich entschließen uns die Strecke erst einmal abzulaufen. Kehren, Anlieger, Sprunghügel, Wellblech, Steigungen. Alles dabei was eine gute Cross-Strecke ausmacht.

Erstaunlicherweise haben die wenigen Stunden Sonnenschein die Strecke schon ganz gut abtrocknen lassen. Nur in den Waldstücken warten ordentliche Schlammstellen auf eine zittrige Durchfahrt. Wir wollen fahren! Bodo organisiert schnell ein paar Tickets und los geht’s. Mein TKC80 macht sich eine Zeit lang ganz hervorragend und wühlt sich schön die Strecke entlang. Nach der großen Schlammdurchfahrt war jedoch mein (abgefahrener) Vorderreifen derart zugesetzt, daß die Alp sich ihren Weg selbst suchte und ich nur noch die grobe Richtung vorgeben konnte. So kam es, daß nicht nur ich, sondern auch alle anderen sich mit ihrer Alp mind. 1x in die Horizontale begaben :-(.

Aber der Spaß war es wert! Florian entschloß sich, mit seinem T66 als Bereifung, auch die Strecke zu fahren und nahm dabei ein Vollbad im größten Schlammloch der Strecke ;-)))). Auch Ilka holte sich noch eine Packung Endurospray…nicht ganz freiwillig, aber das ist ja egal ;-)))). Mit leicht verändertem Outlook verließen wir freudestrahlend um 15:00 Uhr die Motocross-Strecke und fuhren gen Heimat, um noch eine Hafenrundfahrt mitzumachen.

Kapitän Prosse’s Ausführungen zur Folge, hat Hamburg eine der weltgrößten zusammenhängende Speicherstadt, zu deren Errichtung über 20.000 Menschen umgesiedelt werden mußten. So gondelten wir bei herrlichem Wetter 60 Minuten auf einem kleinen Kutter durch den Hafen und lauschten den teilweise atemberaubenden Geschichten des Kapitäns Prosse. Störtebeker läßt grüßen. Die Rundfahrt endete gerade rechtzeitig kurz vor 19:00 Uhr. Nach einem kurzen Irrgang, welcher der 8 Portugiesen im Umkreis der Landungsbrücken der richtige sei, fanden sich 22 Alper zum gemeinsamen Abendessen zusammen.

Mit 22 Teilnehmern ist dieses Treffen sicherlich eines der kleineren Zusammenkünfte der Transalpfreunde. Es steht aber mit Sicherheit keinem bisherigen Treffen in irgendeiner Art nach. Ganz im Gegenteil, es kam eine richtig familiäre Stimmung auf. Diese Tatsache gab diesem Treffen die entsprechende Würze und auch Besonderheit. Von Fischgerichten verschiedenster Art gesättigt, bestanden die Organisatoren darauf, daß wir uns alle auf jeden Fall später auf dem Feuerschiff zusammenfinden sollen. Dort fand eine kleine Preisverleihung statt. Es wurden Preise wie eine 5* Tourenscheibe, ein Givi-Gepäckträger oder ein T-Shirt der Villa-Löwenherz zu den verschiedensten Anlässen - wie weiteste Anreise, beste Cross-Umrundungen u.s.w. - durch Heinz und Bodo verliehen. Sowohl die Bezahlung der Motocross-Strecke als auch die verliehenen Preise wurden alle vom freundlichen Hondahändler Wenzlaw gesponsort.

Zurück in der JH versammelten sich einige noch zum Transalp-Schnack. Wie schon bei der Alpentour, plauderte Bodo aus "Meister Röhrich's" Nähkästchen. Gas-/Wasser-/*eisse- Geschichten bis zum Abwinken :-D. "Werner's" Storys scheinen gar nicht sooo weit von der Realität entfernt zu sein. So langsam neigte sich auch der letzte Abend dem Ende entgegen. Doch der letzte Abend heißt noch lange nicht der letzte Programmpunkt!

Sonntag, 6:55 Uhr. Same procedure as every day: "Moin". Allen guten Vorsätzen zum Trotz treffen wir uns um 08:00 Uhr vor der JH, um zur sonntagmorgendlichen Kultveranstaltung, dem Hamburger Fischmarkt zu gehen. Hier verabschieden sich die ersten Alper, die lieber den Heimweg antreten wollen. Noch weit vor der Fischmarkthalle tummeln sich verschiedenste Händler, die fast nichts unversucht lassen, ihre Waren an den Mann zu bringen. Wir amüsieren uns köstlich die Händler bei ihren aufregenden Verkaufsstrategien zu beobachten. An der Fischmarkthalle angekommen, sammeln wir uns erstmal.

Aha, Serge und Kerstin haben’s aufgegeben sich mit KiWa durchzudrücken. In der Halle wird nicht, wie vielleicht anzunehmen war, frischer Fisch verkauft, sondern geschlemmt. Hunderte von Leuten, teilweise mit leicht angeschlagenem Gesichtsausdruck (von der durchgezechten Nacht in St. Pauli ), lassen sich von den kulinarischen Köstlichkeiten verwöhnen. Am jeweils linken und rechten Ende der Halle spielen abwechselnd Live-Bands, die die Stimmung entsprechend hochheizen. Auf den Längsetagen links und rechts der Halle, kann man das Spektakulum von oben begutachten, ebenso bei Frühstücksbuffet a la "Fischkopf" :-). Auf dem Rückweg zur JH schlagen auch wir bei der einen oder anderen Gelegenheit zu und schlemmen vom reichhaltigen Angebot.

Zurück an der JH entschließen wir uns zum nahegelegenen Hamburger Wahrzeichen, dem Hamburger Michel zu laufen. Vor dem Michel treffen sich gerade Tausende von Motorradfahrern zum MoGo‘98, dem Hamburger Motorradgottesdienst. Im vergangenem Jahr fanden sich 35.000 Moppeds ein!!! Wir schlendern durch die Massen und bestaunen die herumstehenden Maschinen. Vor dem Michel ist alles für den öffentlichen Verkehr gesperrt. Eine mehrspurige Straße ist auf einer nicht einzusehenden Länge zugeparkt mit Motorrädern aller Marken. Hat schon etwas… so ein Event. Ich möchte aber lieber nicht inmitten dieser Massen stehen oder gar mitfahren wollen.

Da es mittlerweile schon nach 11:00 Uhr ist, entschließe ich mich den 600 km langen Heimweg anzutreten. Ich verabschiede mich von dem letzten verbliebenen Grüppchen Alper. Auf dem Weg zurück zur JH lasse ich die vergangenen Tage Revue passieren und komme zu dem Entschluß, daß für dieses Treffen die lange Anreise in den hohen Norden absolut lohnenswert war. Viele nette Leute, ein sehr guter Mix aus Kultur und Motorradfahren. Kurz gesagt: Ein gelungenes Wochenende mit den Transalpfreunden Deutschland! Herzlichen Dank an den Hamburger Stammtisch für diese Veranstaltung.